Terrorismus:Frei oder sicher

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Eine Expertenrunde sucht Antworten auf die Gefahr des Terrorismus. Verfassungsschutzpräsident Maaßen betont, wie viel Europa von Israel lernen könne. Innenminister de Maizière rät zu Maß und Mitte.

Von Markus Mayr, Berlin

Gesucht werden Antworten auf die Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus. Genauer: die Antworten westlicher Demokratien. Weil "es niemanden interessiert, wenn Muslime Muslime umbringen", wie es der französische Politikwissenschaftler Gilles Kepel ausdrückt. Seit dem 11. September 2001, als Terroristen von al-Qaida zwei Flugzeuge ins World Trade Center in Manhattan lenkten, gilt der Terrorismus als eine der größten Herausforderungen für die Demokratien des Westens.

Wie können sie mit dieser Herausforderung umgehen? Wie können sie die Gefahren präzise dort erkennen, wo sie auftreten, und dann schnell und effektiv ausschalten? Das wollte der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen von seinen Gästen am Montag in Berlin wissen. Zur Tagung des Bundesamtes war neben Kepel und anderen auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gekommen, sowie ein Vertreter Israels, der ehemalige Direktor des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Yoram Cohen. Israel liegt zwar im Nahen Osten, gilt aber als einziges Land in dieser Region mit einer nach westlichem Verständnis funktionierenden Demokratie. Und Israel hat Erfahrung mit terroristischer Gewalt: Immer wieder rächen sich militante Palästinenser mit Messern, Autos oder Bomben an der Zivilgesellschaft für die Siedlungspolitik Israels.

Thomas de Maizière rät zu "Maß und Mitte" bei den Befugnissen der Sicherheitsdienste

Maaßen betonte deshalb, wie viel Europa von Israel beim Kampf gegen den Terrorismus lernen könne. Woraufhin Cohen ein Loblied auf Sicherheitsdienste sang, dem Maaßen und de Maizière nur zu gerne zugehört haben dürften. Sein Land habe Polizeien und Geheimdiensten "maximale Flexibilität" bei der Verfolgung potenzieller Terroristen eingeräumt, sagte Cohen. Der Preis dafür ist die Freiheit der Bürger, die dadurch eingeschränkt wurde.

Maaßen und de Maizière sehen auch die Gesellschaft und die internationale Gemeinschaft in der Pflicht zu verhindern, dass sich Menschen von einer Gesellschaft abwenden, um dann terroristisch gegen sie vorzugehen. Jedoch sprechen auch sie den Sicherheitsdiensten eine große Rolle im Kampf gegen diese Bedrohung zu. Maaßen hielt ein Plädoyer für die Arbeit seines Geheimdienstes, der die nötigen Informationen liefere. Denn: "Eine Fußfessel braucht auch immer einen Fuß, der uns bekannt ist", sagte er mit Blick auf die Idee, Gefährdern eine solche anzulegen.

Er brachte auch die Idee seines Dienstherren de Maizière wieder ins Gespräch, die Koordination des Verfassungsschutzes dem Bund zu übertragen. Der Geheimdienst besteht aus 16 Landesämtern und einem Bundesamt. Eine zentrale Stelle, die deren Arbeit bündelt, gibt es nicht. De Maizière griff diese Idee, die von ihm stammt, nicht wieder auf. Stattdessen riet er bei den Befugnissen der Sicherheitsdienste zu "Maß und Mitte". Er will aber auch nicht mit ihnen geizen. Die Kritik etwa an der Vorratsdatenspeicherung oder den Körperkameras für Polizisten wies er zurück. Mit dem Slogan "Freiheit stirbt mit Sicherheit" protestieren linke und bürgerliche Gruppen immer wieder gegen die Einschnitte, die solche Maßnahmen für die Freiheitsrechte bedeuten können.

De Maizière betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit der Länder im Kampf gegen den Terrorismus ist und hob die Kooperation mit den USA hervor. Gerade im Sicherheitsbereich sei die transatlantische Kooperation für Deutschland von überragender Bedeutung, sagte er. Am Wochenende hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Europa noch dazu aufgerufen, sich wieder verstärkt auf sich selbst zu verlassen. Und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte US-Präsident Donald Trump als Sicherheitsrisiko bezeichnet und die Zusammenarbeit deutscher Geheimdienste mit den US-Behörden infrage gestellt.

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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