Terror:Paris will Europa zu Hilfe verpflichten

Frankreich beruft sich auf den EU-Vertrag und erwartet militärische Unterstützung in Afrika und im Nahen Osten.

Von D. Brössler, C. Hickmann, Brüssel/Berlin

Nach den verheerenden Terroranschlägen von Paris hat Frankreich die Europäische Union formell um Beistand ersucht. Die französische Regierung beruft sich dabei auf den Artikel 42.7 im EU-Vertrag. Dieser sieht auch militärische Unterstützung vor und ist nie zuvor genutzt worden. "Heute hat Frankreich die Hilfe und Solidarität von ganz Europa erbeten. Und heute hat ganz Europa vereint Ja gesagt", erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstag in Brüssel nach der Entscheidung im Rat der Verteidigungsminister.

Russlands Präsident Wladimir Putin gab wenig später bekannt, er habe einen gemeinsamen Einsatz seiner Streitkräfte mit Frankreich in Syrien angeordnet. Die Franzosen sollten wie Verbündete behandelt werden, erklärte er in Moskau. Bisher ist Russland explizit nicht Teil der Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Mit seinen Luftangriffen stützt es vor allem Syriens Diktator Baschar al-Assad. Russische Bomben trafen auch Kräfte, die der Westen als legitime Opposition ansieht und unterstützt. Kommende Woche will Frankreichs Präsident François Hollande nach Washington reisen und danach auch nach Moskau.

Frankreich sucht den Schulterschluss mit Russland. Auch deshalb hat es offenbar auf den Nato-Bündnisfall verzichtet und stattdessen um EU-Hilfe ersucht. Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte, jeder der 27 Partner solle beitragen, "was in seinen Kräften steht". Insbesondere erhofft sich Frankreich Entlastung bei seinen zahlreichen Einsätzen in Afrika und im Nahen Osten. Frankreich könne "nicht alles auf einmal stemmen", sagte der Minister. Le Drian sprach am Dienstag auch mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, formulierte dabei aber nach Angaben der Ministerin keine konkreten Wünsche an Deutschland.

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Hilferuf aus Paris: Ein schwer bewaffneter französischer Soldat vor dem Louvre. Die Regierung ruft nun nach militärischer Unterstützung.

(Foto: Frank Augstein/AP)

Erfreut habe er auf die Ankündigung reagiert, dass Deutschland die Unterstützung der kurdischen Peschmerga mit Ausbildung und Waffenhilfe im Nordirak "verstetigen" wolle, sagte sie. Von der Leyen verwies auch auf Pläne, die Beteiligung der Bundeswehr an einer UN-Mission in Mali auszuweiten. "Dass wir uns mehr engagieren werden, und zwar deutlich stärker, das ist sicher", sagte sie. Über diese Pläne hatte die Süddeutsche Zeitung bereits Mitte Oktober berichtet. Von Anfang 2016 an sollen deutsche Soldaten sich stärker in die Minusma-Mission der UN einbringen und niederländische Streitkräfte in Malis gefährlichem Norden entlasten. Nach den Plänen soll das deutsche Kontingent in der ersten Jahreshälfte anwachsen. Am Ende könnten es ungefähr 500 Soldaten werden.

Der Schwerpunkt des Einsatzes soll dann auf Aufklärung mit Drohnen liegen. Minusma gilt als eine der gefährlichsten UN-Missionen. Die Lage in Mali ist seit 2012 fragil. Entsprechend müsste die Bundeswehr imstande sein, sich selbst zu schützen. Die Planungen laufen unabhängig von der französischen Initiative seit Längerem. Bereits im August hatte die Regierung den Bundestag informiert, sie erwäge ein stärkeres militärisches Engagement im Norden Malis.

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