Terror:IS-Attentäter mischt sich unter trauernde Schiiten

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Die Islamisten-Miliz reagiert im Irak mit einer Terrorwelle auf den wachsenden militärischen Druck. Mehr als 70 Menschen sind bei den Anschlägen getötet worden. Die irakische Armee bereitet derweil den Angriff auf die IS-Hochburg Mossul vor.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat am Wochenende bei einer Serie von Anschlägen im Irak mehr als 70 Menschen getötet. Die Angriffe waren die schwersten seit Juli. Sie fallen in eine Zeit, in der viele schiitische Pilger im Irak unterwegs sind. Zudem steht die Armee kurz davor, eine Großoffensive zur Rückeroberung von Mossul zu beginnen, der letzten und wichtigsten Hochburg der sunnitischen Dschihadisten im Irak. Der IS reagiert seit Monaten mit Terrorattacken darauf, dass er zunehmend Territorium verliert. In Syrien nahmen Rebellen mit türkischer Unterstützung Dabiq ein, den Ort, der in der IS-Ideologie Schauplatz einer apokalyptischen Schlacht gegen die Ungläubigen ist.

Der schwerste Angriff des IS traf am Samstag einen Trauerversammlung in einem ärmeren Stadtteil im Norden von Bagdad. Die Menschen hatten sich in einem Zelt eingefunden, ein Selbstmordattentäter sprengte sich zur Mittagszeit in ihrer Mitte in die Luft und tötete mehr als 50 von ihnen, Dutzende weitere wurden verletzt. Am Sonntag folgte eine Attacke nach gleichem Muster auf eine Trauerprozession zum Tod von Imam Hussein, bei der mindestens sechs Menschen getötet wurden.

In den 40 Tagen vom Aschura-Fest bis Arba'in gedenken die Schiiten des Todes von Imam Hussein, der in der Schlacht von Kerbela 680 getötet wurde. Sie besiegelte die Glaubensspaltung im Islam zwischen Schiiten und Sunniten. Die beiden Gruppen stritten darüber, wer rechtmäßig die Nachfolge des Propheten Mohammed antreten dürfe. Millionen Schiiten machen sich in dieser Zeit - größtenteils zu Fuß - auf zur Pilgerfahrt nach Kerbela. Dort gedenken sie erneut des Todes Husseins; 40 Tage sind im Islam die übliche Trauerzeit für einen Verstorbenen. In den vergangenen Jahren haben zwischen zehn und 20 Millionen Menschen an den Feierlichkeiten in Kerbela teilgenommen. Der IS attackiert immer wieder schiitische Pilger.

Drei Selbstmordattentäter griffen zudem an der Grenze von Bagdad zur Provinz Salaheddin einen Kontrollpunkt der Polizei an. Sie sprengten ihre mit Sprengstoff beladenen Autos in die Luft und töteten mindestens elf Mitglieder der Sicherheitskräfte. Zugleich beschossen Bewaffnete einen Polizeiposten im Osten Salaheddins und töteten vier Offiziere. Der IS hat sich dieser Angriffe zunächst nicht bezichtigt, sie passen aber in das bekannte Muster. Zudem wurden die Frau und drei Kinder eines sunnitischen Milizenkommandeurs ermordet, als Bewaffnete sein Haus in Ischaq nahe Bagdad überfielen.

Die irakische Armee warf am Wochenende Flugblätter über Mossul ab und gab darin den Bewohnern Sicherheitshinweise, wie sie sich während der in Kürze erwarteten Offensive verhalten sollen. Sie wurden aufgefordert, ihre Häuser zu sichern und den Schauplätzen von Luftangriffen fernzubleiben. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, soll der IS in Mossul 58 Menschen hingerichtet haben, denen die Dschihadisten vorwarfen, einen Aufstand gegen ihre Herrschaft geplant und mit den Regierungstruppen zusammengearbeitet zu haben.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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