Terror in Mumbai:Konflikt mit Pakistan spitzt sich zu

Die Spannungen zwischen Indien und Pakistan nehmen zu. Nun schalten sich die USA in die Auseinandersetzung ein: Präsident Bush schickt seine Außenministerin nach Indien.

Die für die tödliche Angriffsserie in Mumbai verantwortlichen Täter stammten nach Angaben des indischen Vizeinnenministers aus Pakistan. "Die Terroristen, die bei den Gefechten in Mumbai in den vergangenen Tagen getötet wurden, waren pakistanischer Herkunft", sagte Shakeel Ahmad in einem Interview mit dem britischen Sender BBC.

Terror in Mumbai: Aktivisten einer rechten Hinduorganisation verbrennen bei einer Demonstration am Sonntag eine symbolische Darstellung des pakistanischen Inter-Services Intelligence (ISI).

Aktivisten einer rechten Hinduorganisation verbrennen bei einer Demonstration am Sonntag eine symbolische Darstellung des pakistanischen Inter-Services Intelligence (ISI).

(Foto: Foto: AFP)

Medienberichten zufolge hatte der einzig überlebende Angreifer der Anschlagsserie Verbindungen zu einer in Pakistan ansässigen Rebellengruppe. Die indische Regierung macht "Elemente in Pakistan" für die Angriffe verantwortlich. Außenminister Pranab Mukherjee drohte der Führung des Nachbarlandes laut Medienberichten mit "ernsthaften Konsequenzen". Pakistan weist die Vorwürfe zurück.

Der pakistanische Präsident Aisf Ali Zardari forderte Indien denn auch auf, nach den Anschlägen keine Konfrontation zu suchen. Extremisten hätten die Macht, in der Region Krieg zu stiften, mahnte er in einem Interview der Financial Times. Die verfeindeten Nachbarn dürften dieser Provokation nicht nachgeben. "Wir müssen zusammenstehen, um diese Gefahr zu bannen."

"Was glauben Sie, gegen wen wir zu kämpfen haben?", fragte Zardari, dessen Frau Benazir Bhutto im vergangenen Jahr bei einem Attentat getötet worden war. Die Frage stelle sich ganz besonders, sollten die Attentäter wie von Indien behauptet Verbindungen zur Extremisten-Gruppe Lashkar-e-Taiba in Pakistan hätten. "Die Ereignisse in Mumbai zeigen uns, dass es immer wieder Nachahmertaten geben wird."

Vor dem Hintergrund der durch die Anschläge wachsenden Spannungen zwischen Indien und Pakistan wird US-Außenministerin Condoleezza Rice am Mittwoch in Neu Delhi erwartet. Mit der Reise seiner Außenministerin wolle der scheidende US-Präsident George W. Bush ein Zeichen der Solidarität setzen, teilte das Weiße Haus in Washington mit.

Rice werde nach einem Zwischenaufenthalt in London an diesem Mittwoch in Neu Delhi eintreffen. Mit dem Besuch "demonstrieren die USA ein weiteres Mal ihre Entschlossenheit, solidarisch an der Seite des indischen Volkes zu stehen", hieß es in der am Sonntag veröffentlichten Erklärung. Gemeinsam wolle man dafür sorgen, "dass diese Extremisten zur Rechenschaft gezogen werden".

Die pakistanische Regierung hatte nach den Vorwürfen aus Indien gedroht, ihre Soldaten aus der Grenzregion zu Afghanistan abzuziehen und in andere Gebiete zu verlegen, falls die Spannungen mit dem indischen Nachbarn weiter steigen sollten. Dies berichtete der pakistanische Sender Dawn TV. Dadurch würden die Truppen für den vor allem von den USA geforderten Kampf gegen die Taliban und andere radikalislamische Gruppen in den an Afghanistan angrenzenden Stammesgebieten nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die indische Regierung kündigte unterdessen eine Verschärfung ihres Anti-Terror-Kampfes an. Dafür solle eine zentrale Ermittlungsbehörde aufgebaut und die Überwachung des indischen Luftraums sowie der Küstengewässer verbessert werden, sagte Premierminister Manmohan Singh am Sonntag in Neu Delhi.

Zuvor waren am Sonntag nach scharfer Kritik am Krisenmanagement der Regierung der Innenminister und der Nationale Sicherheitsberater zurückgetreten. Er übernehme "die moralische Verantwortung" für das Blutbad mit mehr als 180 Toten, sagte Innenminister Shivraj Patil.

Nach dem Innenminister der Zentralregierung ist inzwischen auch der Innenminister und Vize-Ministerpräsident des indischen Bundesstaats Maharashtra wegen der Terrorserie von seinen Ämtern zurückgetreten. "Ich bin meinem Gewissen gefolgt und habe entschieden, diesen Schritt zu gehen", sagte R. R. Patil nach Angaben des Nachrichtensenders NDTV.

Durchsuchung des Taj-Mahal-Hotels beendet

Patil war unter Druck geraten, weil er die beispiellose Terrorserie einen "kleineren Vorfall" genannt hatte. NDTV berichtete, der Ministerpräsident Maharashtras, Vilasrao Deshmukh, werde ebenfalls "bald" zurücktreten. Deshmukh gehört zur Kongresspartei, die auch die Zentralregierung in Neu Delhi anführt.

Indiens Premierminister Singh hatte die im Parlament in Neu Delhi vertretenen Parteien am Sonntag zur Einheit aufgerufen. "Terroristen und Feinde unserer Nation müssen wissen, dass ihre Aktionen uns einen und nicht spalten". Indien befinde sich am "Scheideweg", daher müssten alle politischen Kräfte im Interesse des Landes kooperieren, sagte Singh. Die Opposition warf der Regierung "kollektives Versagen" vor und forderte deren geschlossenen Rücktritt.

Seit Beginn dieses Jahres sind in Indien bei Bombenanschlägen und Angriffen mehr als 400 Menschen getötet worden. In Mumbai machten Demonstranten am Sonntag ihrem Unmut über die Regierung Luft.

Zwei Tage nach der Erstürmung des Taj-Mahal-Hotels haben die Sicherheitskräfte in Mumbai derweil die Durchsuchung des Gebäudes beendet. In den 565 Zimmern des Hauses wurde in erster Linie nach versteckten Sprengfallen gefahndet. Außerdem befürchteten die Behörden, auf weitere Leichen zu stoßen. Damit sei nun aber nicht mehr zu rechnen, sagte ein Sprecher der Regierung des Staates Maharashtra.

Die Zahl der Toten bezifferten die Behörden unterdessen auf 172, weitere 239 Menschen wurden bei den Terrorangriffen der vergangenen Woche verletzt. Unter den 28 toten Ausländern sind dem indischen Außenamt zufolge auch drei deutsche Staatsangehörige.

Erst am Samstag hatten Sicherheitskräfte mit der endgültigen Einnahme des Luxushotels "Taj Mahal" das dreitägige Terrordrama in der westindischen Finanzmetropole beendet.

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