Terror in Mumbai:Attentäter wollten 5000 Menschen töten

Die Attentäter von Mumbai waren schwerst bewaffnet - und konnten ihre verheerenden Pläne offenbar nicht ganz umsetzen: Mit Handgranaten, Bomben und Plastiksprengstoff waren sie in die Stadt gekommen, um das Luxus-Hotel "Taj Mahal" in Schutt und Asche legen - und um tausende Menschen zu töten.

Die Attentäter von Mumbai (Bombay) wollten nach den Worten des Vize-Ministerpräsidenten des Bundesstaates Maharashtra Tausende von Menschen töten. "Wir haben dermaßen viel Munition bei ihnen gefunden - es ist offensichtlich, dass sie vorhatten, 5000 Menschen umzubringen", sagte R.R. Patil vor Journalisten in Mumbai, berichtet die indische Nachrichtenagentur PTI.

Terror in Mumbai: Mumbai zwei Tage nach den Anschlägen: Feuerwehrmänner kämpfen gegen die Schwelbrände im Luxushotel "Taj Mahal".

Mumbai zwei Tage nach den Anschlägen: Feuerwehrmänner kämpfen gegen die Schwelbrände im Luxushotel "Taj Mahal".

(Foto: Foto: AP)

Details über die sichergestellten Waffen nannte er nicht. Nach jüngsten offiziellen Angaben kamen bei den dreitägigen Kämpfen in der westindischen Metropole fast 200 Menschen ums Leben.

"Ein Terrorist namens Mohammad Aslam Kasam, der lebend gefasst wurde, hatte schwere Munition bei sich", sagte Patil weiter. "Also kann man sich ja denken, dass die anderen ebenso bewaffnet waren."

Die Sicherheitskräfte hätten auch zahlreiche Handgranaten und Bomben sichergestellt. Zwei Kisten mit je acht Kilogramm RDX, einem hochexplosiven Plastiksprengstoff, seien nahe dem am Samstag gestürmten Hotel "Taj Mahal" gefunden worden.

Ziel der Attentäter sei es gewiesen, das Luxus-Hotel "Taj Mahal" in die Luft zu sprengen. Wie die Zeitung Times of India am Samstag berichtete, handelt es sich bei dem gefassten Terroristen um einen Pakistaner aus Faridkot.

Der 21 Jahre alte Azam Amir Kasav habe der Polizei bei seiner Vernehmung demnach gesagt, das historische Gebäude, sollte in Schutt und Asche gelegt werden.

Zusammen mit einem Komplizen soll Kasav in der Nacht zum Donnerstag am Bahnhof der Stadt auf die Menschenmenge geschossen haben. Später sei er auf der Flucht in einem gestohlenen Auto von der Polizei gestoppt und bei einem Schusswechsel an der Hand verletzt worden. Danach habe sich aber tot gestellt, erst im Krankenhaus fiel auf, dass er atmete. Sein Komplize wurde von den Beamten erschossen.

Attentäter wollten 5000 Menschen töten

Vize-Ministerpräsidenten Patil wies indes Berichte zurück, wonach die Angreifer vor dem Anschlag in Mumbai gearbeitet haben sollen, um die Lage auszukundschaften. Sie seien erst am Tag der Angriffe in die Stadt gekommen, hätten Pläne der Hotels gehabt, aber Anweisungen per Telefon von außerhalb des Landes erhalten, sagte er ohne ein Land namentlich zu nehmen.

Nach dem Ende der Terrorangriffe in Mumbai herrscht nach wie vor Unklarheit über Zahl und Herkunft der Attentäter. Der Regierungschef des Staates Maharashtra, Vilasrao Deshmukh, sprach am Samstag von lediglich zehn Angreifern. "Neun wurden getötet und einer wurde festgenommen", sagte er vor Journalisten.

Deshmukhs Stellvertreter, R. R. Patil, sagte, bei dem überlebenden Verdächtigen handle es sich um einen pakistanischen Staatsbürger.

Die Attentäter hätten über eine technisch ausgereifte Ausrüstung verfügt und GPS, Handys und Satellitentelefone zur Kommunikation benutzt. "Sie standen ständig in Kontakt mit einem anderen Land", sagte Patil.

Verschiedene indische Regierungsvertreter, darunter Außenminister Pranab Mukherjee, haben den Verdacht geäußert, dass Extremisten aus Pakistan für die Terrorwelle verantwortlich sind, die am Mittwochabend begann.

Pakistan will nach den Worten von Außenminister Shah Mehmood Qureshi gegen Gruppen vorgehen, die hinter den Anschlägen in stecken könnten. "Die pakistanische Regierung wird gegen jede Gruppe vorgehen, die in den entsetzlichen Vorfall verwickelt ist", sagte Qureshi bei einer Pressekonferenz in Islamabad.

Die indischen Behörden hätten die pakistanische Regierung aber nicht für die Angriffe verantwortlich gemacht, stellte Qureshi klar. "Sie verdächtigen Gruppen, die möglicherweise in Pakistan präsent sind."

Wenn es Beweise gebe, solle die indische Regierung sie vorlegen, forderte der Außenminister nach einer Krisensitzung des Kabinetts.

Am Donnerstag hatte der indische Regierungschef Manmohan Singh "ausländische Kräfte" für die Angriffe verantwortlich gemacht. Außenminister Pranab Mukherjee nannte das Nachbarland Pakistan als Verantwortlichen.

Ein Verdacht richtet sich laut amerikanischen Geheimdienstexperten gegen die pakistanische Rebellengruppe Lashkar-e-Taiba ("Armee der Reinen"). Das berichtete die New York Times unter Berufung auf nicht näher genannte US-Geheimdienstkreise. Ein Sprecher hatte in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP eine Beteiligung seiner Gruppe bestritten. Zu den Taten bekannte sich die bislang unbekannte islamistische Gruppe Deccan Mujahedeen.

Die radikalislamische Gruppe Lashkar-e-Taiba kämpft für die Unabhängigkeit Kaschmirs. Sie wurde 1986 in der umstrittenen Grenzregion gegründet, die seit einem halben Jahrhundert Streitobjekt zwischen Indien und Pakistan ist.

Überlebende in Paris eingetroffen

Mit einem Flugzeug der französischen Regierung sind am Samstag 77 Überlebende der Terroranschläge in Paris eingetroffen. Der französische Europa-Minister Jean-Pierre Jouyet begrüßte die Passagiere am Flughafen Charles de Gaulle.

Das Außenministerium erklärte, in dem Airbus A310 hätten 29 Franzosen, 17 Spanier und 19 Italiener gesessen, außerdem Bürger aus Deutschland, Polen, Kasachstan, Griechenland, den Niederlanden, dem Kongo, der Schweiz und Algerien. Auch zwei Europa-Abgeordnete seien an Bord gewesen.

Der Sonderflug war am Freitag mit Ärzten und Konsularmitarbeitern in Bombay gelandet. Ziel war es, Menschen zu helfen, die während der Anschlagswelle ihre Ausweise verloren hatten.

Viele waren vom Schrecken der vergangenen Tage gezeichnet. Ein Psychologe, der die Passagiere betreute, sprach voneiner Traumatisierung, die Kriegserlebnissen gleichkomme.

Die 24-jährige Kate Chaillat erzählte, wie sie gemeinsam mit zwei Freundinnen im Leopold Café in die Schusslinie der Terroristen geriet. "Ich habe hochgeschaut und einen der Schützen gesehen", sagte Chaillat. Dann seien sie weggerannt. Die junge Frau beschrieb den Attentäter als Jugendlichen "mit einer riesengroßen Waffe, einer AK-47 oder Kalaschnikow oder wie immer das heißt". "Sie war beinahe ein bisschen zu groß für ihn."

Chaillats Freundin Clementine erlitt eine Schusswunde am Ellbogen. Sie selbst blieb unverletzt.

Der Psychologe Didier Cremniter sagte, die Rückkehrer zeigten typische Symptome einer Traumatisierung: Angstgefühle, Zittern, Alpträume und Erschrecken beim geringsten Geräusch. "Einige waren stundenlang, sogar ein oder zwei Tage in einem Raum eingeschlossen und hatten Angst, diesen zu verlassen", sagte der Psychologe.

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