Terror in Moskau:Jagd auf die Hintermänner

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Die Täterinnen sind identifiziert - nun fahnden die Behörden fieberhaft nach den Drahtziehern des Anschlags auf die Moskauer Metro. Tschetscheniens Republikchef Kadyrow will sie jagen und "wie Ratten" vergiften.

Nach dem Doppelanschlag auf die Moskauer U-Bahn fahnden die russischen Behörden nach den Drahtziehern des Anschlags. Während sich die Ermittlungen am Dienstag auf Rebellen aus dem Nordkaukasus konzentrierten, schloss Russlands Außenminister Sergej Lawrow auch eine Beteiligung des Terrornetzwerks al-Qaida nicht aus.

Bisher hat sich niemand zu der Tat bekannt. Der Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, machte Rebellen aus den Konfliktgebieten im Nordkaukasus verantwortlich. Dort geht die russische Regierung hart gegen Separatisten vor. Nach Einschätzung des US-Unternehmens IntelCenter, das auf die Beobachtung islamistischer Webseiten spezialisiert ist, deutet vieles darauf hin, dass die Gruppierung Kaukasus-Emirat des tschetschenischen Rebellenchefs Doku Umarow hinter dem Doppelanschlag steckt.

"Wie Ratten vergiften"

Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow drohte mutmaßlichen Rebellen aus dem Nordkaukasus mit scharfen Worten. Die Terroristen müssten "gejagt, in ihren Höhlen aufgespürt und wie Ratten vergiftet" werden, schrieb Kadyrow am Dienstag in der russischen Zeitung Iswestija. "Sie müssen vernichtet und zerstört werden." Der Kampf gegen die Terroristen müsse mit härtesten Maßnahmen geführt werden, sie könnten nicht nur durch "Überredung und Bildungsmaßnahmen" besiegt werden, erklärte der moskautreue Republikpräsident.

International wurden die Anschläge mit mindestens 39 Toten und mehr als 60 Verletzten scharf verurteilt. Die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete, der Geheimdienst FSB habe die Identität der beiden Selbstmordattentäterinnen festgestellt, die sich am Montagmorgen im Berufsverkehr in den U-Bahn-Stationen Lubjanka und Park Kultury in die Luft gesprengt hatten. Außerdem seien mit Hilfe von Überwachungskameras zwei mutmaßliche Helferinnen identifiziert worden, die die Täterinnen begleitet haben sollen. Die Frauen und ein möglicher dritten Helfer würden gesucht.

Erst vor wenigen Wochen hatte Rebellenführer Umarow angedroht, den "Krieg in die Städte zu tragen". Er hatte auch die Verantwortung für den Anschlag auf den Schnellzug von Moskau nach St. Petersburg übernommen, bei dem im vergangenen November 26 Menschen getötet worden waren.

Außenminister Lawrow brachte hingegen eine Verbindung der Täter zu islamistischen Terroristen aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet ins Spiel. Dort würden mehrere Anschläge geplant, die dann nicht nur in Afghanistan, sondern auch in anderen Ländern ausgeführt würden, sagte Lawrow. "Manchmal reichen diese Planungen bis in den russischen Kaukasus." Die unzugängliche Bergregion zwischen Afghanistan und Pakistan gilt als bedeutendstes Rückzugsgebiet islamistischer Terroristen. Geheimdienste vermuten hier auch Al-Qaida-Führer Osama bin Laden.

Die Außenminister der G-8-Staaten verurteilten die Selbstmordanschläge von Moskau scharf. Zum Auftakt ihres zweitägigen Treffens im kanadischen Gatineau prangerten die Chefdiplomaten der sieben führenden Industriestaaten und Russlands am Montag die "feigen Attentate" an. Zugleich riefen sie dazu auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

US-Präsident Barack Obama bot seinem russischen Kollegen Dmitrij Medwedjew telefonisch die Zusammenarbeit beim Vorgehen gegen die Drahtzieher an. Obama habe in dem Telefonat die Bereitschaft der USA bekundet, "mit Russland zusammenzuarbeiten, um die Verantwortlichen für diese Taten zur Rechenschaft zu ziehen", erklärte sein Büro in Washington. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, die Terroristen seien der "gemeinsame Feind" aller Länder.

Präsident Medwedjew hatte am Montagabend Blumen für die Opfer der Anschläge an einem der betroffenen Moskauer U-Bahnhöfe niedergelegt. Er habe keinen Zweifel, dass die Hintermänner "gefunden und vernichtet" würden, erklärte er an der U-Bahn-Station Lubjanka. Der Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow ordnete für Dienstag einen Trauertag in der Millionenmetropole an. Die russische Hauptstadt ist seit den neunziger Jahren immer wieder von tödlichen Anschlägen erschüttert worden.

© sueddeutsche.de/AFP/juwe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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