Tempo 30:Überfällig

Der Vorschlag zum Ausbau von Tempo-30-Zonen wird Leben retten.

Von Jan Heidtmann

Bewehrt mit einer dicken Sonnenbrille und einem Hut hatte sich Franz Josef Strauß hinter das Steuer seines 5er BMWs gesetzt, um mit Tempo 30 durch die Straßen zu schleichen. Der bayerische Ministerpräsident war auf Selbsterfahrungstrip in München. Verkehrspolitiker hatten doch tatsächlich gefordert, die Geschwindigkeit in ausgewählten Straßen auf 30 km/h zu drosseln. Das Ergebnis des Testlaufs - für Strauß war es bestürzend: "Manche hupten, andere zeigten mir den Vogel."

1984 war das, und jetzt, 32 Jahre später, kündigt der Bundesverkehrsminister an, Tempo-30-Zonen auszubauen. Zukünftig sollen sie nicht nur in Wohngebieten gelten, sondern mehr und mehr auch auf Hauptverkehrstraßen. Es ist ein längst überfälliger Schritt. Und doch kommt er zur rechten Zeit: überfällig, weil die Zahl der Unfälle in Städten nach wie vor höher liegt als auf Landstraßen; zur rechten Zeit, weil auch die Einführung der Tempo-30-Zonen Leben rettete. Starben 1991 noch 11 000 Menschen bei Verkehrsunfällen, waren es im vergangenen Jahr 3500. Doch die Zahl steigt wieder. Ein aggressiverer Fahrstil und zu hohes Tempo sind häufige Gründe.

Bemerkenswert an diesem Vorschlag ist, dass er von Verkehrsminister Alexander Dobrindt stammt. Der ist, wie einst Strauß, in der CSU. Früher hätte es einen Sturm der Entrüstung gegeben, jetzt hat sich nicht einmal der ADAC gemeldet.

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