Tempelhof-Entscheidung stärkt Wowereit:Der König von Berlin

Triumph für Klaus Wowereit: Der Ausgang des Bürgerentscheids zum Flughafen Tempelhof zeigt, dass die Opposition selbst mit vereinten Kräften nicht gegen den Regierenden Bürgermeister ankommt.

Philip Grassmann, Berlin

Bei einem Plebiszit geht es fast nie nur um eine Sachfrage. Es geht meist auch gegen die Politik der Regierenden. Bei dem Volksentscheid über das Schicksal des Flughafens Tempelhof war das nicht anders. Abgestimmt wurde nicht nur über den Airport, sondern auch über Klaus Wowereit und seine rot-rote Koalition.

Tempelhof-Entscheidung stärkt Wowereit: Hat Grund zum Lachen: Klaus Wowereit.

Hat Grund zum Lachen: Klaus Wowereit.

(Foto: Foto: ddp)

Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Leichtfertigkeit der Senat das Thema von Beginn an unterschätzt und dadurch seine Gegner überhaupt erst stark gemacht hat. Schließlich sah sich Klaus Wowereit dem wohl mächtigsten Bündnis gegenüber, seit er vor sieben Jahren die Amtsgeschäfte im Roten Rathaus übernahm.

Noch bemerkenswerter ist allerdings, dass die Befürworter von Tempelhof trotzdem gescheitert sind. Denn ihr Bündnis umfasste nicht nur die Oppositionsparteien CDU und FDP. Dazu gehörte auch fast die gesamte Berliner Wirtschaft.

Die Bundespolitik bis hinauf zur Bundeskanzlerin mischte sich ein. Einflussreiche Konzernchefs machten Front gegen Wowereit, ebenso wie einige prominente Parteifreunde. Begleitet wurde das Ganze von einer Kampagne der Springer-Presse, wie es sie seit Jahren in Berlin nicht mehr gegeben hat.

Am Ende jedoch hat sich Klaus Wowereit durchgesetzt. Selbst dieses ungewöhnlich breite Bündnis konnte ihn nicht in Bedrängnis bringen. Von der Opposition droht dem Regierenden Bürgermeister ganz offenkundig selbst dann keine Gefahr, wenn sie alle Kräfte zusammennimmt.

Ein Riss geht durch die Stadt

Klaus Wowereit ist nun der ungekrönte König von Berlin. Die überschaubaren politischen Herausforderungen in der Hauptstadt verschaffen ihm Freiheiten, die er für seine Profilierung auf Bundesebene nutzen kann.

Dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Friedbert Pflüger stehen dagegen schwere Zeiten bevor. Er hat mit seiner Kampagne zur Rettung des Flughafens Tempelhof auf die Vergangenheit gesetzt, nicht auf die Zukunft und ist damit gescheitert. Der Airport war seit Monaten sein einziges Thema. Nun steht er mit leeren Händen da.

Das Abstimmungsergebnis zeigt außerdem, dass fast 20 Jahre nach dem Fall der Mauer immer noch ein Riss durch die Stadt geht, den viele längst überwunden glaubten. Im alten West-Berlin gab es eine klare Mehrheit für Tempelhof, im Osten stets eine Mehrheit dagegen. Wenn Pflüger eines Tages Wowereit wirklich gefährlich werden will, ist er vor allem auf neue Wählerschichten im Osten angewiesen.

Die Auseinandersetzung um Tempelhof hat allerdings auch gezeigt, dass die gesetzlichen Regelungen über die Plebiszite noch einmal überarbeitet werden sollten. Denn wer die Bürger zu mehr Engagement einlädt, aber einen Volksentscheid lediglich zu einer besseren Meinungsumfrage ohne bindende Wirkung für die Politik deklariert, der muss sich nicht wundern, wenn sich die Wähler auf den Arm genommen fühlen. So stärkt man nicht das Engagement der Bürger, sondern nur die Politikverdrossenheit.

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