Tarifstreit:Streik zum Siebten

Gewerkschaftschef Claus Weselsky stimmt die Lokführer erneut auf Arbeitskampf ein. Sein Vorwurf in Richtung Bahn: "Die Ausschaltung der GDL".

Von Daniela Kuhr

Die tägliche Streikmeldung ist fast schon Routine. Gerade erst wurde an den Kitas gestreikt, davor hatten die Postboten die Arbeit niedergelegt, davor die Lehrer und davor wiederum - ja, es ist tatsächlich schon eine Weile her - die Lokführer. Bei ihnen wenigstens hatte man zuletzt den Eindruck, die Gemüter hätten sich beruhigt. Doch das täuscht. Das zeigt ein Schreiben, das der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, vor wenigen Tagen an die Gewerkschaftsmitglieder verschickt hat.

Darin schreibt Weselsky von "Tricks", "Verzögerungen" und einem großen "Repertoire an Ausreden", die die Bahn parat habe. Auf fünf eng bedruckten Seiten schlägt er plötzlich wieder den Ton an, den man in den vergangenen Monaten von ihm gewohnt war und der für Bahnfahrer nichts Gutes verhieß. Dabei hatte es doch im März noch ganz so ausgesehen, als hätten sich Bahn und GDL endlich angenähert. Erstmals seit langem hatte Weselsky tatsächlich versöhnlich geklungen und von "Fortschritten" gesprochen, die er mit der Bahn erzielt habe. Ostern wurde somit nicht gestreikt, stattdessen herrschte Ruhe. Doch offenbar war es eine trügerische. Im Moment sieht es ganz so aus, als könnte es schon bald wieder hoch hergehen.

Die Ende März erzielten Kompromisse seien jedenfalls schon wieder "vom Tisch", schreibt Weselsky: "Offensichtlich schielt die DB noch immer auf das Tarifeinheitsgesetz und verbrennt Zeit und Geld, um ihr Ziel, die Ausschaltung der GDL auf kaltem Weg zu erreichen." Dieses Gesetz aus dem Bundesarbeitsministerium regelt, dass künftig in einem Betrieb nur noch Tarifverträge der Gewerkschaft gelten sollen, die dort die meisten Mitglieder hat. Die GDL hätte somit im Vergleich zur deutlich größeren Eisenbahngewerkschaft EVG das Nachsehen. Geplant ist, dass der Bundestag das Tarifeinheitsgesetz noch im Mai beschließt.

Die GDL wirft der Bahn schon länger vor, aus diesem Grund die Tarifgespräche zu verzögern, um abzuwarten, bis die Lokführergewerkschaft entmachtet ist. Die Bahn hat das zwar stets zurückgewiesen, doch Weselsky traut ihr nicht über den Weg. Wo der Arbeitgeber "vorsätzlich, wissentlich und taktierend Ergebnisse verhindert, müssen wir andere Seiten aufziehen", schreibt er weiter: "Jeder in unserer Organisation weiß, dass wir über Mittel und Wege verfügen, den Verhandlungsdruck zu erhöhen, um schnell und nachhaltig Bewegung zu erzeugen!"

Am 16. April wird weiterverhandelt. "Sollten wir dort aber erneut einen Arbeitgeber finden, der toter Mann spielt," würden die Gespräche abgebrochen: "Die weiteren Schritte sind faktisch vorprogrammiert." Ausdrücklich sagt er es zwar nicht, aber was Weselsky damit meint, ist klar: Zur Not werden die Lokomotivführer erneut streiken. Es wäre das siebte Mal.

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