Tarifstreit:Halt auf offener Strecke

Bahn-Schlichtung geht in voraussichtlich letzte Runde

Die Fahrt verzögert sich bis auf Weiteres: Der Tarifstreit bei der Bahn geht in die Verlängerung.

(Foto: Susann Prautsch/dpa)

Bahn und GDL verlängern erneut die Schlichtungsgespräche. Am kommenden Mittwoch wollen sich alle Parteien erneut äußern.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Vier Wochen haben die Schlichter geschwiegen, jetzt geht ihr Schweigen weiter. Der fast einjährige Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL geht in die nächste Runde. Die Kontrahenten verlängerten am Freitag die Schlichtungsgespräche zum zweiten Mal - mit derselben Begründung wie bereits Mitte Juni: Die Materie, über die nun schon einen Monat verhandelt wird, sei so komplex, dass weitere Gespräche nötig seien. Die Parteien seien sich aber einig darüber, "dass auch in den vergangenen Tagen weitere wichtige Schritte auf dem Weg zu einer Einigung vereinbart wurden". Es gebe bereits "konsentierte Ergebnisse".

Die Schlichter, der thüringische Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) und der ehemalige Ministerpräsident Brandenburgs, Matthias Platzeck (SPD), wollen sich nun gemeinsam mit Bahn und GDL am kommenden Mittwoch in Berlin äußern. Ob es dann ein Ergebnis gibt, dem beide Seiten zustimmen werden, ist trotz offenbar erster Annäherungen unklar. Die langen Beratungen zeigen, dass es äußerst schwierig ist, einen Kompromiss zu finden. Ursprünglich war das Verfahren auf drei Wochen festgesetzt. Bahnkunden müssen sich zunächst aber keine neuen Sorgen machen: Solange geschlichtet wird, wird nicht gestreikt. Es herrscht Friedenspflicht.

Den Tarifkonflikt gibt es schon ein Jahr. Neunmal haben die Lokführer bereits gestreikt. Anfang Mai wurde der Bahnverkehr durch einen Rekordstreik mit 127 Stunden im Personen- und 138 Stunden im Güterverkehr teilweise lahmgelegt. Als Knackpunkt des Konflikts gilt die Forderung der GDL, nicht nur für Lokführer, sondern auch für andere Berufe des Zugpersonals Tarifverträge aushandeln zu dürfen. Dazu gehören zum Beispiel Zugbegleiter, Lokrangierführer oder Bordgastronomen, bei denen die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Mehrheit hat.

Es geht dabei um insgesamt 37 000 Mitarbeiter, die die GDL zum Zugpersonal zählt. Die Bahn will aber nicht, dass die Lokführergewerkschaft für jede der bei ihr organisierten Berufsgruppen einen Tarifvertrag abschließt, der womöglich von dem Tarifwerk der EVG abweicht. Der Staatskonzern pocht auf das Prinzip: gleiche Bezahlung und gleiche Arbeitszeiten für gleiche Tätigkeiten - unabhängig davon, welcher Gewerkschaft der Mitarbeiter angehört.

Die Bahn hatte sich mit der EVG ursprünglich auf einen Tarifabschluss für etwa 100 000 Arbeitnehmer geeinigt. Sie bekommen vom 1. Juli an 3,5 Prozent mehr Geld, mindestens jedoch 80 Euro. Am 1. Mai 2016 werden die Löhne um weitere 1,6 Prozent erhöht. Die GDL fordert für ihre Mitglieder fünf Prozent mehr Lohn bei zwölf Monaten Vertragslaufzeit und eine um eine Stunde verkürzte Wochenarbeitszeit.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: