100 Tage Bundespräsident:Was kann Wulff?

Bundespräsident Christian Wulff ist seit 100 Tagen im Amt. Er hat sich eingemischt in die eine oder andere Debatte und erklärt, der Islam gehöre zu Deutschland. Hat er sich als Präsident bewährt? Ist er im Amt angekommen? Stimmen Sie ab.

Thorsten Denkler

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100 Tage Bundespräsident:Glaubwürdigkeit

Bundesbankvorstand Sarrazin scheidet zum Monatsende aus

Quelle: dapd

Ein Bundespräsident soll ein wenig über den Dingen schweben. Überparteilich soll er sein, und da sein fürs ganze Volk. Daran ist auch die Erwartung geknüpft, dass er sich in Debatten nur grundsätzlich einmischt und nicht tagesaktuell Stellung bezieht. Es gab früh Zweifel, ob Wulff diesen Anforderungen gewachsen sein wird. Am Morgen der Wahl zum Bundespräsidenten war er noch Ministerpräsident von Niedersachsen und Führungsmitglied der CDU. Profiliert hat er sich bis dahin als Partei- und Machtpolitiker. Manchen erschien der Übergang vom Tagespolitiker in das höchste Staatsamt doch etwa zu abrupt.

Skeptiker hat er bestärkt, indem er öffentlich dem Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) wegen der Toten bei der Love-Parade den Rücktritt nahelegte. Eine ähnliche Äußerung zum Skandalautor und früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin ist interpretiert worden als Aufforderung an den Vorstand der Bundesbank, das ungeliebte Mitglied herauszuwerfen. Das aber hätte dann Wulff absegnen müssen. Hinterher soll er geholfen haben, mit Sarrazin eine einvernehmliche Lösung zu finden. Alles im Grunde nicht Teil seiner Aufgaben als Staatsoberhaupt.

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100 Tage Bundespräsident:Rhetorik

Tag der deutschen Einheit - Rede Wulff

Quelle: dpa

Die Sprache ist das Schwert des Bundespräsidenten. Erstmals genutzt hat Wulff diese Waffe am 3. Oktober, dem 20. Jahrestag der deutschen Einheit. In Bremen hielt er seine erste wichtige Rede. Es ging viel um Integration, um ein neues Miteinander in dieser Gesellschaft. Er spannte einen Bogen vom "Wir sind das Volk!" der friedlichen Revolution in der DDR zum, "Wir sind ein Volk!" in der bundesrepublikanischen Wirklichkeit 2010. Beachtung fand er für den Satz, dass der Islam genauso zu Deutschland gehöre wie die christlich-jüdischen Wurzeln.

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100 Tage Bundespräsident:Authentizität

Bundespraesident Wulff besucht Dresden

Quelle: ddp

Wulff wollte frischen Wind ins Amt bringen. Seht, da zieht kein weißhaariger Politrentner in Schloss Bellevue ein, sondern ein Mann, der mitten im Leben steht. Mit zweiter Frau und Kindern aus zwei Ehen. Das sollte das Bild sein. Wulff ist kein klassischer Intelektueller, will er auch gar nicht sein. Er ist einer mit biographischen Brüchen. Seine Eltern trennten sich, als er zwei Jahre alt war. Mit 16 übernahm er die Pflege seiner an Multipler Sklerose erkrankten Mutter und musste auch die Erziehungsarbeit für die jüngere Schwester mit übernehmen. Kurz zuvor hatte auch der Stiefvater die Familie verlassen. Das prägt ihn bis heute.

(Bild: Bundespräsident Wulff und seine zweite Frau Bettina.)

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100 Tage Bundespräsident:Bürgernähe

Tag der deutschen Einheit - Wulff

Quelle: dpa

Noch hatte Wulff kaum Gelegenheit, eine eigene Agenda für seine Amtszeit aufzusetzen. Zu einem großen Teil sind die Termine des Bundespräsidenten Pflichtveranstaltungen. Antrittsbesuche gehören dazu, im Ausland wie in den Bundesländern. Bürgerkontakt kann da nur am Rande stattfinden. Als Ministerpräsident war das noch anders. Da ist er regelmäßig durchs Land getingelt, hat Betriebe und Projekte besucht. Aber er war auch immer Machtpolitiker. Einer, der gerne Strippen zieht. Als Bundespräsident geht das nicht mehr.

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100 Tage Bundespräsident:Präsidiales Auftreten

-

Quelle: AFP

Wulff geht auch mal einfach so los, lässt die Sicherheitsleute hinter sich und flitzt von einer Ecke des Raumes in die andere, schüttelt mal eben in Eile eine Hand oder zwei und stoppt dann bei einem ihm bekannten Gesicht, das er herzlich begrüßt. Der gravitätische Auftritt ist seine Sache nicht, auch geht er lieber einfach anstatt präsidial zu schreiten. Er wollte ein Kinderzimmer im Schloss Bellevue einrichten, seinem Amtssitz, in dem sonst Staatsgäste empfangen und Bankette veranstaltet werden.

In solchen Details gibt er dem Amt eine neue Note. Das führt aber offenbar zu Unsicherheiten im Volk. Wie viel Präsident steckt in Wulff? Als er beim Festakt zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit in der Stadthalle von Bremen mit "Meine Damen und Herren, der Bundespräsident" angekündigt wird, stehen die Menschen nur nach und nach auf, Applaus gibt es gar keinen. Nach seiner Rede wurde hingegen geklatscht.

(Bild: Christian Wulff überreicht nach der Fußball-WM in Südafrika dem Nationalspieler Mesut Özil das "Silberne Lorbeerblatt".)

© sueddeutsche.de/mcs
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