"Tag des Bodens" in Israel:Palästinenser stirbt bei Protest gegen Siedlungspolitik

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Tausende arabische und palästinensische Demonstranten haben am "Tag des Bodens" gegen die israelische Sicherheitspolitik protestiert. Bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften wurde ein Mensch getötet und mindestens 40 verletzt. Die israelische Polizei spricht von "mehreren Festnahmen".

An einem Kontrollpunkt zum Gazastreifen haben israelische Soldaten nach Angaben von Palästinensern einen Demonstranten erschossen. Das teilte der Sprecher des medizinischen Notdienstes im Gazastreifen mit. Der Jugendliche, der am symbolischen "Marsch auf Jerusalem" teilgenommen hatte, wurde demnach von den Schüssen israelischer Wachen getroffen, als er sich gemeinsam mit einer Gruppe Gleichgesinnter dem stark gesicherten Kontrollpunkt Eretz näherte.

Palästinensische Jugendliche werfen Steine und Molotowcocktails. Insgesamt wurden bei den Ausschreitungen am "Tag des Bodens" mindestens 40 Menschen verletzt. Ein Palästinenser wurde von israelischen Soldaten erschossen, als er sich einem Grenzposten näherte. (Foto: AP)

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften wurden an diesem Freitag, dem "Tag des Bodens", auch aus Hebron, Bethlehem, der Altstadt von Jerusalem und vom Kontrollpunkt Kalandia nördlich von Jerusalem gemeldet. Insgesamt wurden dabei nach offiziellen Angaben mindestens 40 Menschen verletzt. Auch im Libanon und in Jordanien versammelten sich mehrere zehntausend Palästinenser an den Grenzen zu Israel. Dort verliefen die Kundgebungen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen friedlich.

Am "Tag des Bodens" gedenken die Palästinenser massiver Landenteignungen und dem Tod sechs arabischer Israelis, die 1976 bei Protesten gegen die Landnahme von der israelischen Polizei getötet worden waren.

Palästinensischer Parlamentarier verletzt

Dieses Jahr hatte eine Koalition aus Palästinensern und ausländischen Unterstützern zu einem "Marsch auf Jerusalem" aufgerufen. Damit sollte vor allem gegen die nach Ansicht der Organisatoren schleichende Verdrängung der Palästinenser aus Jerusalem protestiert werden. Insgesamt hätten sich mehr als 100.000 Menschen daran beteiligt, teilte das "Komitee zur Vorbereitung des GMJ (Globalen Marsches nach Jerusalem) im deutschsprachigen Raum" mit. Reporter vor Ort konnten diese Angaben jedoch nicht bestätigen.

Zu den gewalttätigsten Auseinandersetzungen kam es im Westjordanland in Kalandia, am wichtigsten Grenzübergang nach Ostjerusalem. Dort wurde der palästinensische Parlamentarier Mustafa Barguti am Kopf verletzt. Demonstranten hatten die Uniformierten vor dem geschlossenen Übergang mit Steinen beworfen. Die Sicherheitskräfte antworteten mit Tränengas, Gummigeschossen und einer extrem stinkenden Flüssigkeit, die von Wasserwerfern auf die Demonstranten gesprüht wurde. Nach palästinensischen Angaben wurde Barguti von einer Tränengasgranate getroffen. Die israelischen Behörden erklärten dagegen, ein Palästinenser habe ihn geschlagen.

Rund tausend Palästinenser waren zuvor zu dem Checkpoint marschiert, viele hielten palästinensische Flaggen in den Händen. Im Norden des Westjordanlands demonstrierten in Kafr Kaddum westlich von Nablus ebenfalls etwa tausend Menschen. Auch hier kam es zu Zwischenfällen. Im besetzten Ostteil der Stadt Jerusalem gingen etwa 400 Menschen auf die Straße. Vier Palästinenser wurden Berichten eines AFP-Fotografen zufolge festgenommen, weil sie wegen des ihnen verwehrten Zugangs zur Moschee auf der Straße beteten. Die Polizei sprach ebenfalls von "mehreren Festnahmen".

Polizei und Armee war wegen der angekündigten Proteste in Alarmbereitschaft. Vor allem in Jerusalem und in den von arabischen Israelis bewohnten Gebieten im Norden des Landes waren zahlreiche Beamte im Einsatz. Das Westjordanland wurde nach Angaben der Armee bis Freitagabend aus Sicherheitsgründen abgeriegelt. Auch der Zugang zum Tempelberg in Jerusalem wurde eingeschränkt.

Israel steht wegen seiner Siedlungen in den 1967 im Sechs-Tage-Krieg besetzten Gebieten seit langem in der Kritik. Die Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal und eines der Hindernisse bei der Wiederaufnahme von Friedensgesprächen. Im Westjordanland und in Ost-Jerusalem leben rund eine halbe Million jüdischer Siedler inmitten von gut 2,5 Millionen Palästinensern.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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