Bundesregierung: Tag der offenen Tür:"Die Merkel ist aber klein"

Am Tag der offenen Tür kommen die Bürger den Politikern nahe: Während sich einige Minister rechtfertigen müssen, schwebt beim "Staatsbesuch" einer selig auf der Wolke seiner Popularität: Verteidigungsminister zu Guttenberg.

Dominik Stawski, Berlin

Karl-Theodor zu Guttenberg hat es leichter als die anderen. Auch Thomas de Maizière, der Bundesinnenminister, nahm auf dem Stuhl der Bundespressekonferenz Platz. Es ist der Tag der offenen Tür der Bundesregierung und die Bundespressekonferenz ist der Ort, an dem die Politiker mit den Bürgern diskutieren.

'Tag der offenen Tür' im Bundeskanzleramt

...aber immerhin ist sie groß genug, um Autogramme zu geben. Angela Merkel beim Tag der offenen Tür im Kanzleramt.

(Foto: dpa)

So ist es gedacht, so war es auch bei de Maizière. Es kamen ausschließlich Fragen zur Sicherheitslage, zu den Problemen der Integrationspolitik, zu Jugendkriminalität und Datenschutz. Die Bürger formulierten provokant, sie hakten nach, und de Maizière musste seine Politik verteidigen. Persönliches wollten sie von ihm nicht erfahren.

Als Guttenberg am selben Platz, nur eben einen Tag später, am Sonntagmittag, die Leute begrüßt, meldet sich eine junge Mutter in der vierten Reihe und sagt: "Ich bewundere Ihre Geradlinigkeit, Ihre Konsequenz, Ihr gutes Standing. Ich fände es toll, wenn meine drei Kinder auch Menschen werden, die zu Ihrem Wort stehen." Guttenberg lächelt verlegen, und Freunde des politischen Diskurses würden in diesem Moment am liebsten Stopp rufen.

An Guttenberg perlt alles ab

Der Verteidigungsminister hat gerade nicht weniger Probleme als de Maizière und die anderen im Bundeskabinett. Es wird gestritten um die Wehrreform, vielen Parteikollegen aus der Union passt nicht, dass an der Wehrpflicht gerüttelt wird. Es ist also keine leichte Zeit für einen Bundesverteidigungsminister. Außerdem fallen die Umfragen für die Bundesregierung vernichtend aus. Aber das alles perlt an Guttenberg ab, er scheint davon nicht berührt zu sein - als ob er nicht Teil dieser Regierung wäre.

Bei de Maizière ging es um die Probleme der Innenpolitik, bei Guttenberg geht es vor allem um Guttenberg. Wie viele Stunden er denn am Schreibtisch verbringt? Was ihm mehr Spaß macht, Wirtschaft oder Verteidigung? Wann er denn den CSU-Parteivorsitz übernimmt? Es kommen auch Fragen zur Wehrreform, die meiste Zeit aber darf Guttenberg strahlen und plaudern.

Sonst klatscht keiner

Als die Pressekonferenz beginnt, brandet erst einmal Applaus durch die Reihen. "Bei normalen Pressekonferenzen klatscht keiner", erklärt die Vertreterin der Bundespressekonferenz, dem Verein der Hauptstadtjournalisten, "das ist ein Ort, an dem man normalerweise gegrillt wird, wie wir Journalisten das sagen." Guttenberg wird nicht gegrillt, wie es am Vortag den Ministeriumssprechern passierte, er wird gehätschelt.

Er holt das Optimum aus einem Wochenende, das ohnehin dafür gedacht ist, Werbung in eigener Sache zu machen. Der Tag der offenen Tür ist vor allem eine Schönwetter-Veranstaltung. Auf dem Programm gibt es viele unterhaltsame Punkte, die wahrscheinlich vergessen machen sollen, mit welchen Problemen sich die Koalition gerade herumschlägt.

Betrunken ohne Kater

Im Gesundheitsministerium zum Beispiel können die Bürger eine Rauschbrille aufsetzen, um zu testen, "wie es ist, betrunken zu sein, ohne am nächsten Tag einen Kater zu haben", heißt es in der Einladung. Angela Merkel hat am Sonntag zu einem Rundgang ins Kanzleramt eingeladen. Ein Rundgang klingt gemütlich, es ist dann aber vor allem Gedränge und Blitzlichtgewitter. Besucher, die hinten im Pulk stehen, beschweren sich: "Die Merkel ist aber klein."

Die Pressekonferenz mit Guttenberg ist inzwischen vorbei, bis er das Gebäude verlässt, dauert es noch eine ganze Weile. Im Foyer schreibt er Autogramme, gibt Interviews. Im Konferenzsaal beginnt gerade der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), mit seiner Pressekonferenz. Er war es, der die Ausrüstung der Bundeswehr vor wenigen Wochen als "Drama" bezeichnete. Er wollte anprangern, aber Guttenberg sagte damals, der Wehrbeauftragte habe nicht zum ersten Mal "falsch gelegen". Die Kritik perlte ab. Und jetzt, als wäre es eine weitere Demütigung, ist der Saal oben bei Königshaus ziemlich leer, während Guttenberg unten eifrig seinen Namen auf die Karten seiner Fans schreibt.

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