Tag der Deutschen Einheit:"Setzen wir Ideen in Taten um"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Tag der Deutschen Einheit gefordert: Deutschland muss Land der Freiheit und Ideen sein. Auch 16 Jahre nach der Einheit ist der Unterschied zwischen West und Ost nicht überwunden.

16 Jahre nach der Wiedervereinigung hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Deutschen aufgerufen, sich selbstbewusst den politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen. "Sehen wir die Chance vor dem Risiko, wecken wir die Kraft der Freiheit für Solidarität und Gerechtigkeit, setzen wir Ideen in Taten um", forderte Merkel beim zentralen Festakt zum Tag der deutschen Einheit am Dienstag in Kiel.

In einer Umfrage wurden derweil tiefgreifende West-Ost-Unterschiede deutlich: So gaben fast drei von vier Ostdeutschen an, sie fühlten sich als Bürger zweiter Klasse. Experten verwiesen zugleich auf große Defizite bei der Entwicklung der neuen Länder.

In ihrer von persönlichen Erinnerungen an die Wiedervereinigung geprägten Festrede mahnte die aus Ostdeutschland stammende Merkel, die Welt warte nicht auf Deutschland. "Die Globalisierung findet statt, ob es uns passt oder nicht". Die Zukunft hänge davon ab, "dass Deutschland ein Land ist, das die Kraft der Freiheit in sich trägt".

Auch müsse die Bundesrepublik ein "Land der Ideen" sein, "ein Land der Bildung und der Forschung". Aus Ideen müssten hierzulande jedoch "chneller Produkte werden. "Erfindung in Deutschland, Geschäft in Deutschland, Arbeitsplätze in Deutschland - das muss die Gleichung der Zukunft sein." Zudem müsse Deutschland gemeinsam mit anderen Verantwortung in der Welt übernehmen.

Die Feierlichkeiten zum Einheitstag hatten am Vormittag mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Kieler Nikolai-Kirche begonnen. Dem anschließenden Festakt mit 1200 geladenen Gästen in der Ostseehalle wohnten auch Bundespräsident Horst Köhler, Bundestagspräsident Norbert Lammert und der amtierende Bundesratspräsident Peter Harry Carstensen (beide CDU) sowie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, bei. Die Feiern wurden am Nachmittag mit einem großen Bürgerfest rund um die Kieler Förde fortgesetzt.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich überzeugt, die Deutschen hätten guten Grund, den nationalen Feiertag mit Freude und Dankbarkeit zu begehen. "Vieles geht bergauf. Das meiste ist geschafft", sagte Schäuble. Dagegen hatte sich Linksfraktionschef Gregor Gysi zuvor kritisch zur Zusammenführung der beiden deutschen Staaten vor 16 Jahren geäußert. "Ich wäre froh, wenn wir statt einer Einheit eine Vereinigung gehabt hätten - hatten wir aber nicht", sagte Gysi einem Berliner Radiosender. Auch die Vizevorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, erklärte: "Wir hatten ein besseres Deutschland im Sinn."

Der Emnid-Umfrage für den Sender N24 zufolge fühlen sich nur 26 Prozent der Ostdeutschen als vollwertige Bürger akzeptiert. Gleichzeitig finden demnach 68 Prozent der Menschen in Ostdeutschland, die Bundesregierung unternehme zu wenig für den Osten. Dagegen halten 62 Prozent der Westdeutschen das Engagement für den Osten für ausreichend.

Der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, zeigte sich überzeugt, der Aufbau Ost werde "noch bis zu 40 Jahre dauern". Die Förderung müsse zielgenauer werden, forderte er in der Passauer Neuen Presse.

Der für den Aufbau Ost zuständige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte zuvor in der ARD Probleme beim Einsatz von Ost-Fördermitteln eingeräumt. Generell ließen sich die Schwierigkeiten beim Aufbau Ost nicht im Handumdrehen lösen: "Das wird schon noch 15 bis 20 Jahre dauern, und dazu muss das Geld klug eingesetzt werden, das wir über den Solidarpakt II bekommen."

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