CSU:Seehofer erlebt ein Debakel

Die CSU stürzt nach der Prognose auf unter 40 Prozent ab.

Von rde, wiw

Es ist später Sonntagnachmittag, die Parteigranden sind noch gar nicht eingetroffen, als die ersten Gerüchte bei der Wahlparty in der CSU-Zentrale die Runde machen: Es wird eher nicht viel zu feiern geben. Und schon fangen die ersten Parteimitglieder zu tuscheln an: Ein mageres Ergebnis könnte Parteichef Horst Seehofer, der sich gern als großer Stratege gibt, durchaus erschüttern.

Seehofer dürfte dann den Druck aus den eigenen Reihen spüren: Bei 45 Prozent steht am Sonntagabend in der CSU die psychologische Marke. Wird sie gerissen, gerät der Chef in die Diskussion. Dann kommt es auf eine weitere Zahl an. "Entscheidend wird sein: Wie weit kommen wir über das Unionsergebnis", sagt ein CSU-Mann. Nicht minder bedeutsam ist der Abstand zur AfD. Kann die CSU die Rechtspopulisten im einstelligen Bereich bändigen, könnte Seehofer immer noch sagen: Seht her, meine Strategie war richtig, mehr war diesmal einfach nicht herauszuholen. Aber geben die Zahlen das wirklich her?

Und noch etwas ist allen auf der Wahlparty klar: Von diesem Montag an beginnt für die Christsozialen der Kampf um die absolute Mehrheit bei der für sie noch wichtigeren bayerischen Landtagswahl in einem Jahr. Seehofer lässt keinen Zweifel daran, dass er die Obergrenze mit 200 000 Flüchtlingen im Jahr durchsetzen wird - egal in welcher Regierungskoalition. Dafür sorgt schon das Ergebnis der AfD: Sollte sie bei der Landtagswahl ähnlich stark abschneiden wie jetzt im Bund, wird die CSU eine Alleinregierung nicht erreichen. "Die Obergrenze steht", sagt Seehofer deshalb. Im kleinen Kreis ließ er auch wissen, wie er sie durchdrücken will. Steuersenkungen, Rente, Pflege: Er sieht offenbar Verhandlungsspielraum bei anderen Themen - oder Erpressungspotenzial, je nachdem.

Seehofer wird den Druck in Berlin also erhöhen. Aber er wird auch mit dem Druck auf sich selbst klar kommen müssen. Dass die CSU trotz Obergrenzen-Ärger in Berlin mitregieren will, leitet sich aus ihrem Selbstverständnis als bayerische Interessenvertreterin ab. Seehofers Möglichkeiten, bei der Personalauswahl fürs Bundeskabinett Akzente zu setzen, sind jedoch arg begrenzt. Es ist unwahrscheinlich, dass die CSU mehr als drei Ministerposten erhält. Sollte Seehofer seiner Partei das Innenministerium sichern können, ist mit Joachim Herrmann zumindest ein potenzieller Leistungsträger gesetzt.

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