SZ-Interview mit Volker Kauder:"Die SPD muss Frau Merkel als Kanzlerin akzeptieren"

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Egal, was passiert: Die CDU hält eisern an Merkels Anspruch auf das Kanzleramt fest. Dennoch gibt sich CDU-Generalsekretär Kauder versöhnlich: Ein Ultimatum für einen Amtsverzicht Schröders lehnt er ab und setzt auf die Vernunft der Sozialdemokraten.

Jens Schneider

Generalsekretär Volker Kauder bereitet für die CDU die Sondierungsgespräche mit der SPD für eine Koalitionsbildung vor, die an diesem Mittwoch fortgesetzt werden.

Kauder hält an seiner Parteichefin fest. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Was erwarten Sie von den Sondierungsgesprächen?

Kauder: Wir müssen mit der SPD ausloten, ob wir zu einer gemeinsamen Beurteilung der Lage kommen können. Es müssen auch gemeinsame, übergeordnete Ziele einer Koalition gefunden werden. Eine große Koalition muss das Land erneuern und voranbringen. Dazu müssen die Gespräche in einem Klima des Vertrauens stattfinden. Das bedeutet, dass die SPD die Regeln der Zusammenarbeit demokratischer Parteien akzeptiert, wonach die stärkste Gruppe die Kanzlerin stellt.

SZ: Kann es am Ende von Verhandlungen einen anderen Kanzler geben?

Kauder: Es wird keine Koalitionsverhandlungen geben, ohne dass vorher klar ist, dass Frau Merkel Kanzlerin wird.

SZ: Wie konkret sollen die Vorgaben zur Haushaltspolitik sein?

Kauder: Wir müssen zu einer gemeinsamen Einschätzung der Haushaltslage kommen. Wir haben eine dramatische Warnung von der EU bekommen, was die Erfüllung der Maastricht-Kriterien angeht. Für die Suche nach politischen Lösungen müssen auch wir von der Union schon in den Sondierungen wissen, wie es um die Staatsfinanzen wirklich steht.

SZ: Wollen Sie einen Kassensturz?

Kauder: Es geht weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinne darum, abzurechnen, sondern es geht um Fakten. Am Sonntag ist der Wahlkampf zu Ende. Danach geht es um eine Lösung. Wenn es zu einer Koalition kommt, müssen beide Partner genau wissen, wo wir stehen. Da muss der zuständige Ressortminister, der ja über die Informationen verfügt, die Karten auf den Tisch legen.

SZ: Soll schon vor den Koalitionsverhandlungen eine Einigung erzielt werden, bis wann Deutschland die Maastricht-Kriterien wieder einhalten will?

Kauder: Es muss zumindest eine klare Perspektive da sein. Die EU-Kommission macht erheblich Druck, dass von Deutschland eine klare Aussage kommt. Ich könnte mir vorstellen, dass Brüssel einen Zeitraum von vier Jahren zur Einhaltung der Maastricht-Kriterien nicht akzeptiert. Deswegen glaube ich, dass wir schon in einem Sondierungsgespräch ein Ziel formulieren müssen. Über Details reden wir erst in Koalitionsverhandlungen, nachdem die SPD die Regeln akzeptiert, die bedeuten, dass wir die Kanzlerin stellen.

SZ: Und wenn die SPD sagt: Lasst uns doch erst mal über Inhalte reden!

Kauder: Dann sagen wir: Man kann nur vertrauensvoll über Inhalte reden, wenn auch eine Vertrauensbasis geschaffen ist.

SZ: Wenn das nicht akzeptiert wird...

Kauder: ...treten wir nicht in Koalitionsverhandlungen ein. Aber ich setze auf die Vernunft der SPD.

SZ: Wie viele Sondierungsgespräche kann man ohne grundsätzliche Übereinkunft führen?

Kauder: Das ergibt sich jeweils aus dem konkreten Sondierungsgespräch. Solange wir im Gespräch sind, kündige ich nicht das Ende von Gesprächen an. Es gibt kein Ultimatum.

SZ: Was erwarten Sie von der Wahl in Dresden?

Kauder: Das ist zunächst eine Wahl, bei der es darum geht, dass ein weiterer Dresdner in den Bundestag kommt. Die Direktkandidaten von SPD und PDS sind bereits über die Landesliste dabei. Jetzt geht es mit unserem Kandidaten Andreas Lämmel um einen zusätzlichen Dresdner Abgeordneten im Bundestag.

SZ: Kann das Ergebnis den Kampf um die Kanzlerschaft beeinflussen?

Kauder: Wir werden auch nach Dresden stärkste Fraktion sein. Wenn alles gut geht, können wir den Vorsprung ausbauen. Es könnte wegen der komplizierten Situation bei den Zweitstimmen aber passieren, dass unser Vorsprung auf einen Sitz zusammenschrumpft. Auch dann bleiben unsere berechtigten Ansprüche, die Kanzlerin zu stellen, aufrechterhalten.

SZ: Schließen Sie Neuwahlen aus?

Kauder: Neuwahlen sind nicht die Lösung. Ich glaube auch nicht, dass Neuwahlen zu einem grundsätzlich anderen Ergebnis führen könnten. Die Wähler haben ein Ergebnis abgeliefert, und es gibt eine Möglichkeit eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Wir wollen eine Regierung, die das Land voranbringt.

© SZ vom 28.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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