SZ-Interview mit Parteivize Peer Steinbrück:"Kurt Beck wird Kanzlerkandidat der SPD"

Gut zwei Jahre vor der Bundestagswahl 2009 hält der Bundesfinanzminister die Frage der Kanzlerkandidatur in seiner Partei für entschieden. Steinbrück nennt eine Erklärung für die schlechten Umfragewerte der SPD - und teilt kräftig aus gegen den früheren Parteichef Lafontaine.

Nico Fried und Claus Hulverscheidt

"Kurt Beck repräsentiert das Spektrum an Eigenschaften, das ein SPD-Kanzlerkandidat haben muss, am besten", sagte Steinbrück der Süddeutschen Zeitung. "Deshalb wird er auch Kandidat."

Peer Steinbrück dpa

Seit Ende 2005 Bundesfinanzminister: Peer Steinbrück

(Foto: Foto: dpa)

Peer Steinbrück trat zugleich Spekulationen über andere sozialdemokratische Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entgegen. "Alle anderen Personen, über die in den Medien spekuliert wird, erfüllen diese Anforderungen vielleicht in einem bestimmten Ausschnitt, aber nicht über das ganze Spektrum wie Kurt Beck", sagte Steinbrück.

Unter dem Eindruck anhaltend schlechter Umfrageergebnisse für die SPD und schwacher Popularitätswerte Becks waren zuletzt in den Medien, aber auch innerhalb der SPD sowohl Außenminister Frank-Walter Steinmeier als auch Steinbrück selbst als Kandidaten ins Gespräch gebracht worden.

In der jüngsten Umfrage der ARD, die am Freitag veröffentlicht wurde, kommt die SPD bei der sogenannten Sonntagsfrage auf 28, die Union auf 38 Prozent. Beck hatte stets darauf verwiesen, dass er die Kanzlerkandidatur erst Anfang 2009 entscheiden wolle und dabei als Parteivorsitzender das Vorschlagsrecht habe.

Die Festlegung Steinbrücks ist auch von Bedeutung, weil er faktisch als höchster Repräsentant der SPD hinter Beck spricht: Der Finanzminister ist der einzige der amtierenden fünf Stellvertreter, der von Beck gebeten wurde, sein Amt fortzusetzen. Im Oktober sollen Steinbrück, Steinmeier und Andrea Nahles als Parteivizes gewählt werden.

Bekenntnis gefordert

Steinbrück forderte seine Partei auf, sich eindeutig zur Reformpolitik und zur Großen Koalition zu bekennen. "Die SPD steht in den Umfragen so schlecht da, weil ihre politische Körpersprache nicht intakt ist", sagte er. Statt die Erfolge der letzten und der laufenden Legislaturperiode für sich zu reklamieren, "meinen viele bei uns immer noch, sie müssten sich für die Agenda 2010 oder die Beteiligung an der Großen Koalition entschuldigen".

Scharfe Kritik übte Steinbrück an der Linken und deren Vorsitzendem Oskar Lafontaine. Diesem hielt er vor, "populistisch an die Verlierer- und Verlustängste zu appellieren". Angesichts der Globalisierung, der demographischen Entwicklung und der Staatsverschuldung dürfe die Botschaft nicht lauten: "Wenn du die Zukunft gewinnen willst, musst du in die Vergangenheit reisen."

Die Gesellschaft müsse sich verändern, "um einiges von dem zu behalten, was uns wichtig und buchstäblich teuer ist", sagte der SPD-Politiker. "Wenn das nicht die Ansage ist, dann ist das ein Ethos von Politik, das nicht meines ist."

Der Finanzminister kündigte an, dass sich die Bundesregierung stärker mit dem Thema staatlich kontrollierter Fonds im Ausland befassen werde: "Manche dieser Fonds könnten spielend ein Dutzend Dax-Konzerne aufkaufen", sagte Steinbrück. "Da wird man doch wohl nach den Anlagestrategien fragen dürfen."

Er sprach sich jedoch gegen eine neue Form des Protektionismus aus, weil dies insbesondere die deutsche Wirtschaft mit ihrem hohen Außenhandels-Anteil belasten würde.

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