Syriens Präsident Assad:Im eigenen Auto an die Front

Syriens Präsident Assad: Ein Propaganda-Scoop: Assad als fürsorglicher Landesvater.

Ein Propaganda-Scoop: Assad als fürsorglicher Landesvater.

(Foto: Twitter)
  • Syriens Präsident Assad fährt mit einem Honda zum Besuch an die Front - und lässt sich dabei filmen.
  • Es ist ein Scoop der syrischen Propaganda, die Assad als fürsorglichen Landesvater darstellt.
  • Über die vielen Opfer der Offensive auf Ost-Ghouta verliert er kein Wort.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Stau am Umayyaden-Platz in Damaskus. Gelbe Taxis drängen sich im Kreisverkehr, im Hintergrund sind der Springbrunnen und das monumentale Damaszener Schwert zu sehen, ein Wahrzeichen von Syriens Hauptstadt. Der Fahrer des hellen Honda Accord bremst, schaut in den Seitenspiegel, fädelt ein. Einer filmt vom Beifahrersitz. "Wir fahren in die Ghouta, um zu sehen, wie die Lage dort ist", sagt der Mann, schwarzes Jackett, weißes Hemd, verspiegelte Sonnenbrille. "Um die Truppen zu sehen, die dort kämpfen, die Gebiete, die befreit wurden." Das leichte Lispeln ist unverkennbar, die Kopfform, das Gesicht: Syriens Präsident Baschar al-Assad. Auf dem Weg zum Besuch an der Front.

Acht Videosequenzen von der Fahrt hat das Präsidialamt auf Twitter veröffentlicht. Assad, wie er die Flughafen-Straße entlangfährt, die, wie er sagt, lange im Visier der Scharfschützen lag. Natürlich sei es vorzuziehen, Gebiete kampflos einzunehmen, doziert er. Man bemühe sich, die Zivilisten zu schonen, die "von den Terroristen als Schutzschilde genommen werden". Am Autofenster ziehen jetzt zerschossene Häuser vorbei, aufgeschobene Erdwälle, die Assads Truppen bei den schweren Gefechten Deckung boten, Panzer.

Es kommen Autos entgegen, Motorräder, der Präsident stoppt an Kreuzungen, spricht von Aleppo und davon, dass die "Terroristen" mit der Ghouta ihre größte verbliebene Karte verspielt haben. Er redet über jene Rebellen-Enklave östlich von Damaskus, die seine Truppen mit Unterstützung Russlands und Irans seit dem 18. Februar mit einer erbarmungslosen Offensive erobern. Etwa 70 Prozent des Gebietes mit zuletzt 400 000 Einwohnern haben sie eingenommen. Mehr als 1500 Tote und Tausende Verletzte sind der Preis dafür. Darüber verliert der Präsident kein Wort.

Nah am Volk, nah an den Dingen

Es ist ein Scoop der syrischen Propaganda, die Assad als fürsorglichen Landesvater präsentiert. Ohne sichtbare Eskorte oder Schutz steuert er bescheiden sein Auto, der Inneneinrichtung nach Modelljahr 2008, durch ein Gebiet, in dem vor Tagen noch erbittert gekämpft wurde. Am Ende trifft er Bewohner, die ihre Befreiung bejubeln, ihm Kinder entgegenrecken - viele dürften wirklich froh sein, dass für sie Krieg und Belagerung vorbei sind. Assad nah am Volk, nah an den Dingen, nicht entrückt im Palast auf dem Mezzeh-Berg.

Es ist eine Botschaft des Sieges, ungebrochenen Selbstbewusstseins. Sie richtet sich nach innen, auch an die Damaszener. Sie haben gelitten - unter Granaten und Raketen der Rebellen, die wahllos in Wohngebiete einschlugen. Kein Vergleich aber mit dem, was die syrische und die russische Luftwaffe mit der Armee und iranisch kontrollierten Milizen in der Ghouta angerichtet haben. Auch am Montag wurden 15 Kinder und zwei Frauen beim Luftangriff auf eine Schule getötet. Diesen furchtbaren Teil der Realität blendet die offizielle Wahrheit aus.

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