Syrien:Zivilisten fliehen aus Ost-Ghouta

Ein Vorstoß syrischer Regierungseinheiten hat am Donnerstag die Flucht Tausender Menschen ausgelöst. Bislang flohen Zivilisten innerhalb der Enklave, diesmal von Hammouriyah in Gebiete bei Damaskus.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Ein neuerlicher Vorstoß syrischer Regierungseinheiten auf die Rebellen-Enklave Ost-Ghouta hat am Donnerstag die Flucht Tausender Menschen ausgelöst. Hatten Zivilisten bisher hauptsächlich versucht, sich innerhalb der Enklave vor den Angriffen des Regimes und seiner Verbündeten in Sicherheit zu bringen, flohen sie von Hammouriyah und den benachbarten Orten Jisrin, Saqba und Kafr Batna in Gebiete bei Damaskus, die von der Regierung kontrolliert werden. Über die Zahl der Flüchtlinge gab es widersprüchliche Angaben: Staatsmedien sprachen zunächst von 2000 Menschen, die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte von 12 500. Allein in Hammouriyah sollen im Januar noch 30 000 bis 35 000 Menschen eingeschlossen gewesen sein.

Dem Vormarsch von Regierungstruppen und mit ihnen verbündeten, von Iran kontrollierten Milizen war eine der schwersten Angriffswellen seit Beginn der Offensive am 18. Februar vorausgegangen. Ärzte berichteten von mehr als 300 Luftangriffen und anhaltendem Granatbeschuss. Die Kräfte des Regimes haben die Enklave inzwischen in drei isolierte Gebiete zerteilt und mehr als die Hälfte der einst etwa 100 Quadratkilometer großen Enklave eingenommen. Hatten sie bislang zumeist ländlich geprägte Gebiete und Dörfer eingenommen, richtet sich der Vorstoß nun gegen dichter besiedelte Vorstädte.

Jan Egeland, der Berater des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura für humanitäre Fragen, warnte, nach der Krise in der östlichen Ghouta drohten ähnlich grausame Schlachten in der Provinz Idlib, die von radikalen Rebellengruppen dominiert ist und derzeit geschätzt 2,5 Millionen Menschen beherbergt - unter ihnen viele, die bereits aus anderen Teilen Syriens vertrieben wurden. Auch Daraa im Süden könne ein ähnliches Schicksal bevorstehen. Beide Regionen sind eigentlich wie auch die östliche Ghouta sogenannte Deeskalationszonen, in denen Russland, Iran und die Türkei für eine Waffenruhe garantieren.

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