Syrien:Vetomächte befürchten Scheitern der Syrien-Konferenz

Schon vor Beginn ihres Treffens zweifeln die Vetomächte daran, dass sie das Ende der Gewalt herbeiführen können. Wenn China und Russland nicht einlenken, werde eine Einigung scheitern, glaubt der britische Außenminister Hague. Seit Tagen steht ein Vorort der Hauptstadt Damaskus steht unter Dauerbeschuss, Dutzende Menschen starben.

Vor der internationalen Syrien-Konferenz in Genf hat der UN-Sondergesandte Kofi Annan vor einem Scheitern des Treffens gewarnt. Wenn alle Teilnehmer bereit seien zu handeln, könnte "diese Welle der Gewalt gestoppt und der Weg zum Frieden eingeschlagen" werden, sagte Annan der Schweizer Zeitung Le Temps. Bei einem Scheitern der Gespräche werde die "verhängnisvolle" Spirale der Gewalt weitergehen und "könnte bald unumkehrbar werden".

Er sei aber optimistisch, dass eine Einigung erzielt werden könne, sagte er der Agentur Reuters.

Der britische Außenminister William Hague appellierte an Russland und China, gemeinsam mit den Westmächten an einer Lösung der Krise zu arbeiten. Ob die Weltgemeinschaft auf dem Treffen gestärkt wird, hänge von der Zustimmung der beiden Länder ab, sagte Hague bei seiner Ankunft am Tagungsort.

Die Aussichten auf einen Erfolg der Konferenz bewertete Hague als gering. Eine "stabile Zukunft" sei für Syrien nur möglich, wenn Präsident Baschar al-Assad auf die Macht verzichte, sagte er. Hague zufolge ist die Zusammensetzung einer Übergangsregierung ein wesentlicher Streitpunkt mit den UN-Vetomächten Russland und China.

Die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat (Großbritannien, Frankreich, USA, China und Russland) haben Annan zwar signalisiert, seinen Plan einer Übergangsregierung zu unterstützen. Strittig ist aber die Frage, ob Präsident Baschar al-Assad einer Übergangsregierung angehören soll. Hague bekräftigte die Forderung nach Assads Abgang. Sein französischer Kollege Laurent Fabius verlangte ein Ende der Gewalt. Das sei unabdingbar.

Zuletzt hatte Russland wieder Bedenken angemeldet und Änderungen an Annans Vorschlag gefordert. Mit ihrem Veto haben Russland und China im Sicherheitsrat schon mehrere Resolutionen zu Fall gebracht. Die Führung in Moskau besteht darauf, dass eine Übergangslösung für ihren Verbündeten Syrien nicht von ausländischen Mächten vorgeschrieben werden soll.

Außenminister Sergej Lawrow war es bei einem Treffen mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton am Freitag in St. Petersburg nicht gelungen, die Meinungsverschiedenheiten auszuräumen. Die "Differenzen und Schwierigkeiten" seien geblieben, sagte ein US-Diplomat. Eine Einigung in der Schweiz schloss er dennoch nicht aus: "Wir könnten dahin kommen oder auch nicht." Clinton und Lawrow würden aus Respekt vor Annan versuchen, in Genf ihre Unstimmigkeiten zu klären, sagte er.

Dutzende Tote nach Dauerbeschuss von Damaszener Vorort

Unterdessen hat der tagelange Beschuss von Vororten der syrischen Hauptstadt Damaskus durch Regierungstruppen Dutzenden Menschen das Leben gekostet und die humanitäre Krise weiter verschärft. Mehr als 100 Menschen seien verwundet worden, berichtete die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Die Offensive richtete sich demnach gegen den Damaszener Vorort Duma. Es handele sich um die schlimmste Angriffsserie des Gebiets seit Beginn des Aufstands gegen Assad im vergangenen Jahr. Die Bewohner litten sowohl unter dem täglichen Dauerbeschuss als auch unter Lebensmittel- und Wasserknappheit sowie Engpässen bei der Stromversorgung, hieß es weiter.

Syrische Aktivisten haben deshalb vom Roten Kreuz und Roten Halbmond Hilfe für die Menschen in Duma gefordert. Die humanitäre Lage sei "in allen Bereichen katastrophal", teilte die Beobachtungsstelle mit. Es fehle an Lebensmitteln und ärztlicher Versorgung. Die Einwohner seien von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten.

Mehr als hundert Familien harrten derzeit noch in Duma aus, teilte die Beobachtungsstelle mit. Sie seien nach den Militäreinsätzen der vergangenen Woche verängstigt. Sicherheitskräfte hätten zahlreiche Männer des Ortes abgeführt und getötet. Das Krankenhaus von Duma werde von Sicherheitskräften kontrolliert. Es gebe keinen einzigen Arzt mehr in der Stadt, obwohl dutzende Verletzte dringend Hilfe bräuchten, erklärte die Beobachtungsstelle.

Annan unternimmt in Genf einen weiteren Versuch zur Überwindung der Syrien-Krise, bei der seit März 2011 fast 16.000 Menschen getötet wurden. Sein Sechs-Punkte-Plan vom April, der einen Waffenstillstand der syrischen Sicherheitskräfte und der Opposition vorsieht, hat sich bisher als weitgehend wirkungslos erwiesen.

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