Syrien:USA dringen auf Feuerpause

Die Amerikaner wollen Moskau auf eine sofortige Waffenruhe verpflichten. Die Russen zeigen sich prinzipiell verhandlungsbereit.

Von Daniel Brössler und Paul-Anton Krüger, München/Brüssel

Die USA versuchen Russland zu einer landesweiten Waffenruhe in Syrien zu bewegen, um so die Friedensgespräche in Genf zu retten. Außenminister John Kerry beriet am Donnerstagabend darüber in München mit seinem Kollegen Sergej Lawrow. Zu dem Treffen waren die Außenminister der anderen UN-Vetomächte, wichtiger Regionalstaaten wie Saudi-Arabien und Iran sowie europäische Länder eingeladen . An den Gesprächen beteiligte Diplomaten betonten, dass Fortschritte davon abhängen würden, ob sich Moskau und Washington verständigen.

Inzwischen wurde bekannt, dass Kerry und Lawrow schon in den vergangenen Tagen in engem Kontakt standen. Beide Seiten seien daran interessiert, die Friedensgespräche in Genf fortzusetzen, hieß es aus dem Kreis der Verhandler. Es gebe aber noch erhebliche Differenzen. Während die USA eine sofortige landesweite Waffenruhe verlangen und unmittelbar humanitäre Korridore in belagerte Städte öffnen wollen, sei Russland nur bereit, regionsweise und zeitlich abgestuft Feuerpausen zuzulassen. Es könne eine Woche bis zehn Tage dauern, bis die Waffenruhe umgesetzt werde, sagte ein hochrangiger Verhandlungsteilnehmer der Süddeutschen Zeitung. Wenn Russland in dieser Zeit seine Angriffe deutlich reduziere, sei dies der Beleg, dass es Präsident Wladimir Putin ernst sei.

Die koordinierte Offensive der russischen Luftwaffe, der syrischen Regierungstruppen, iranischer Offiziere und von ihnen kommandierten schiitischen Milizen haben nicht nur die Rebellen in Aleppo und anderen Regionen geschwächt, sondern auch die amerikanische Verhandlungsposition. Das Regime hat die Verbindung von Aleppo in die Türkei abgeschnitten und damit die humanitäre Hilfe für Hunderttausende Menschen, aber auch den Nachschub an Waffen und Munition verhindert.

Diplomaten sagten, es könne sein, dass Russland die Münchner Gespräche nutze, um den politischen Druck zu mindern, in Syrien aber weiter militärisch Fakten schaffe. Auch galt als denkbar, dass Russland Bedingungen stellt, etwa bezüglich der Zusammensetzung der Oppositionsdelegation. Sollte München keine Einigung bringen, prognostizieren Diplomaten eine Verschärfung der Kämpfe und eventuell die Lieferung von Luftabwehrraketen und anderer Waffensysteme an die Rebellen.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter verkündete derweil in Brüssel eine "neue Phase" im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die erstmals versammelten Verteidigungsminister aller militärisch an der US-geführten Koalition gegen den IS beteiligten Staaten forderte er auf, ihre Anstrengungen deutlich zu erhöhen. Carter legte einen Plan vor, der den militärischen Druck auf die Miliz verstärken und zunächst die Befreiung der Millionenstadt Mossul im Irak und von Raqqa, der inoffiziellen Hauptstadt des IS in Syrien vorsieht. Zuvor hatten sich die Nato-Verteidigungsminister im Grundsatz darauf verständigt, die USA durch die Bereitstellung von Awacs-Aufklärungsflugzeugen zu entlasten. Das soll es ihnen ermöglichen, mehr eigene Awacs-Maschinen für den Anti-IS-Kampf einzusetzen.

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