Syrien:Strippenzieher des Terrors

Das Regime beschuldigt ausländische Mächte, hinter dem Terroranschlag vom Donnerstag zu stecken. Dieser trägt jedoch die Handschrift des sogenannten Islamischen Staates.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die syrische Regierung beschuldigt Saudi-Arabien, die Türkei und Katar, für die Anschläge von Tartus und Jableh mit bis zu 150 Toten verantwortlich zu sein. Das geht aus einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat hervor, aus dem die amtliche Nachrichtenagentur Sana zitiert. Syrische Staatsmedien hatten versucht, die mächtige islamistische Miliz Ahrar al-Sham für die Anschläge verantwortlich zu machen, die von den genannten Ländern unterstützt wird. Syrien hielt an dieser Version fest, obwohl die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nur Stunden nach den Attacken eine glaubhafte Bekenner-Erklärung mehrerer Selbstmordattentäter verbreitet hatte. Ahrar al-Sham wies hingegen jede Beteiligung zurück. Sie greife keine Zivilisten an. Selbstmordattacken wie jene am Donnerstag sind typisch für den IS.

Die Friedensgespräche sind kaum noch zu retten

Die Anschläge und der Versuch, sie politisch auszunutzen, dürften indes die Bemühungen erschweren, die Waffenruhe und die Friedensgespräche in Genf noch zu retten. Das syrische Regime hatte in den vergangenen Tagen wieder Teile von Aleppo und Vororte von Damaskus bombardiert. Das russische Militär rief nun zu einer 72-stündigen Waffenruhe für die Region Ost-Ghouta und den Ort Daraya auf, die beide bei Damaskus liegen und vom Regime belagert werden.

Allerdings ging dies mit der Aufforderung einher, die Rebellengruppen in diesen Orten müssten sich aus Gebieten zurückziehen, die von der Nusra-Front kontrolliert würden, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida, der nicht von der Waffenruhe umfasst ist. Dies werde den russischen Kampfflugzeugen erlauben, diese Gruppe zu bombardieren. Die Rebellen befürchten dagegen, dass die Luftangriffe nur die Vorbereitung einer Regierungsoffensive sind, die darauf zielen würde, die lange umkämpften und strategisch wichtigen Gebiete einzunehmen.

Daraya grenzt direkt an den wichtigen Militärflughafen Mezzeh im Südwesten von Damaskus an. Das Regime hatte am 12. Mai einem Hilfskonvoi der UN den Zugang zu dem Ort verwehrt und anschließend begonnen, ihn mit Granaten zu beschießen. Ost-Ghouta wird maßgeblich von Jaish al-Islam kontrolliert, einer weiteren mächtigen Islamisten-Miliz, die Russland und das Regime auf die Terrorliste der UN setzen wollen. In beiden Gebieten gibt es offenbar Nusra-Kämpfer, allerdings in geringer Zahl.

US-Außenminister John Kerry telefonierte mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Er forderte Russland auf, seinen Einfluss auf das Regime geltend zu machen, die Angriffe auf Aleppo und Daraya zu stoppen. Der Sprecher des US-Außenministeriums stellte klar, es werde weiter keine gemeinsamen Luftangriffe der USA und Russlands geben, wie es Moskau gefordert hatte.

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