Syrien:Russland bietet Feuerpause an

Die UN und viele Hilfsorganisationen fordern sie seit Anfang August: 48 Stunden Waffenruhe für Aleppo. Nun lenkt Moskau ein.

Von Moritz Baumstieger

Die russische Führung scheint nun auf die Forderung einzugehen, die die Vereinten Nationen und viele Hilfsorganisationen seit Anfang August erheben: 48 Stunden Waffenruhe, um Aleppo endlich in ausreichendem Maße mit Hilfsgütern beliefern zu können und um die dringendsten Reparaturen an der beschädigten Infrastruktur durchzuführen. Man sei bereit, jede Woche eine zwei Tage lange Feuerpause in der umkämpften syrischen Stadt einzulegen. Die erste Waffenruhe könne in der kommenden Woche ausgerufen werden, sagte Igor Konaschenkow vom Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag. Die Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow sollen sich am Freitag kommender Woche in Genf treffen, um einen Waffenstillstand zwischen Regierungstruppen und Rebellen zu erreichen, sagte US-Regierungsbeamte am Donnerstag.

Die Lage in Aleppo ist seit Wochen dramatisch: Den Osten der Stadt beherrschen bewaffnete Rebellen, den Westen halten die Kräfte des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Beide Parteien nehmen die Nachschubrouten der anderen Seite unter Beschuss. Die Rebellen feuern mit Raketen in den Westteil, syrische und russische Kampfjets bombardieren die Viertel im Osten, fast zwei Millionen Zivilisten sind in der Stadt eingeschlossen und können den Kämpfen kaum ausweichen. Neben Krankenhäusern sind Strom- und Wasserleitungen beschädigt, da Techniker von UN und Hilfsorganisationen nicht unter Beschuss arbeiten können, fordern deren Repräsentanten ein Schweigen der Waffen für mindestens zwei Tage.

Bisher wies Moskau diese Forderung zurück und stellte stattdessen eine tägliche Feuerpause von drei Stunden in Aussicht. Diesen Vorschlag kritisierten UN-Vertreter als unzureichend, gleichzeitig brachen russische und syrische Armeekräfte diesen selbstangekündigten Waffenstillstand gleich am ersten Tag.

Wieso Russland seine Position nun ändert und einer längeren Feuerpause zustimmt, haben Regierungsvertreter bisher nicht erläutert. Am Donnerstag verstärkte sich jedoch der diplomatische Druck auf Moskau: Deutschland forderte gemeinsam mit den anderen 27 EU-Staaten eine sofortige Waffenruhe, wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini mitteilte. Gleichzeitig mahnten die EU-Staaten Konfliktparteien wie Russland und die syrischen Regierungskräfte vor einem Missbrauch humanitärer Einsätze. "Sie dürfen nicht Teil einer Militärstrategie sein", hieß es in der Erklärung. Zuvor hatte der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, zu einer ungewöhnlichen Maßnahme gegriffen: Er beendete ein Treffen der Taskforce für humanitäre Hilfe für Syrien nach nur acht Minuten. Er sehe keinen Sinn in einer Sitzung, solange es in humanitären Fragen keine Bewegung gebe, so Mistura.Kein einziger Hilfskonvoi habe wegen der Kämpfe im August die belagerten Gebiete erreicht.

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