Syrien:Opposition will Übergangsregierung bilden

Die Gegner Baschar al-Assads bereiten sich auf einen Machtwechsel vor. Anfang März will die "Nationale Koalition" einen Premierminister bestimmen, der in den eroberten Gebieten die Regierungskontrolle übernehmen soll.

Die syrische Opposition hat die Bildung einer Übergangsregierung für die von ihr kontrollierten Gebiete angekündigt. Ihr Sprecher Walid al-Bonni teilte mit, dass die seit Donnerstag in Kairo tagende "Nationale Koalition" sich auf die Bildung einer Regierung zur Verwaltung der "befreiten Zonen" geeinigt habe.

Bei einem weiteren Treffen am 2. März werde man über die Zusammensetzung dieser Regierung und ihren Chef entscheiden. Das Treffen wird laut anderen Oppositionspolitikern in Istanbul stattfinden.

Die verschiedenen Strömungen des Bündnisses hätten sich bei zweitägigen Verhandlungen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo auf dieses Vorgehen verständigt. Dabei sei ein Kompromiss mit der einflussreichen Muslimbruderschaft erzielt worden. Über mögliche Kandidaten wurde zunächst nichts bekannt.

In Syrien kämpfen Aufständische seit etwa zwei Jahren gegen Assads Herrschaft. In dem Konflikt wurden nach UN-Schätzungen bis zu 70.000 Menschen getötet. Der Bürgerkrieg zieht sich auch deshalb schon so lange hin, weil die Opposition lange Zeit zersplittert war. Auch heute vertreten verschiedene Gruppen unterschiedlichste Positionen. Die Nationale Koalition gilt aber als wichtigstes Oppositionsbündnis.

Indes sind in der syrischen Großstadt Aleppo am Freitag nach Angaben der Opposition mehrere Raketen eingeschlagen. Mindestens zwölf Menschen seien bei dem Angriff auf zwei Viertel im Osten der Stadt getötet worden. Viele Familien seien unter den Trümmern ihrer Häuser verschüttet worden, berichtete ein Augenzeuge. "Es ist unbeschreiblich, es ist ein schrecklicher Anblick", sagte er über die Schäden in seinem Wohnviertel Ard al-Hamra.

Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die der Opposition nahe steht, teilte mit, drei Explosionen hätten Aleppo erschüttert. 30 Häuser seien zerstört worden. Die Zahl der Todesopfer werde sicherlich noch steigen.

Allein in der vergangenen Woche sollen bei Raketenangriffen mindestens 141 Zivilisten getötet worden sein, die Hälfte von ihnen Kinder. "Ich habe viele Angriffs-Schauplätze in Syrien besichtigt, aber niemals solche Zerstörung gesehen", sagte der Human-Rights-Watch-Experte Ole Solvang am Dienstag. "Genau dann, wenn man denkt, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, findet die syrische Regierung Wege zur Eskalation ihrer Tötungstaktik." Ballistische Raketen gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, sei selbst für die Regierung in Damaskus "ein neuer Tiefpunkt".

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