Syrien:Offensive auf Raqqa läuft

Kurdisch dominierte Milizen haben mit der Operation "Wut des Euphrat" begonnen, die Hochburg der Terrormiliz Islamischer Staat zurückzuerobern - was der Türkei überhaupt nicht gefallen dürfte.

Von Moritz Baumstieger

Die Operation zur Befreiung der inoffiziellen Hauptstadt der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat begonnen: Am Sonntag erklärte eine Sprecherin der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) im syrischen Ort Ain Issa, man rücke seit Samstagnacht mit Luftunterstützung der US-geführten Militärkoalition auf das seit 2014 vom IS beherrschte Raqqa vor. Die Syrischen Demokratischen Kräfte sind ein Zusammenschluss verschiedener Milizen, unter denen sich auch arabische und turkmenische Einheiten befinden, dominierend sind jedoch die Volksverteidigungseinheiten der Kurden. Die SDF gelten als effektivste Waffe gegen den IS und werden von den USA unterstützt. Die Bilder aus der vom IS befreiten Stadt Manbidsch gingen in August um die Welt.

Die Operation werde vor allem durch Kämpfer durchgeführt, die einst vor dem IS aus Raqqa geflüchtet waren, und laufe unter dem Titel "Wut des Euphrat", so die Sprecherin - eine kleine Provokation in Richtung Türkei: Die hatte Ende August mit der Offensive "Schutzschild Euphrat" direkt in den Bürgerkrieg eingegriffen. So wollte Ankara einerseits selbst den IS bekämpfen, vor allem aber verhindern, dass an der türkischen Grenze ein zusammenhängendes Kurdengebiet entsteht, weil die Gebiete, aus denen die SDF den IS vertreiben, meist unter ihrer Kontrolle verblieben. Die syrischen Kurden kooperieren mit türkischen Kurdenorganisationen wie der PKK, die von Ankara als Terrororganisation eingestuft wird. In der Folge kam es zu schweren Gefechten zwischen den SDF und türkischen Truppen, was die USA in ein Dilemma stürzte: Einerseits sind sie dem Nato-Partner Türkei verpflichtet, andererseits spielten die SDF eine Schlüsselrolle im Plan zur Zerschlagung des IS.

Als US-Verteidigungsminister Ashton Carter vor Kurzem auf einer Konferenz der Anti-IS-Koalition ankündigte, die Offensive auf Raqqa befinde sich in der Vorbereitung, ging er nicht näher darauf ein, welche Kräfte die Operation durchführen werden. Aus den USA gab es bisher keine Stellungnahme zum Vorgehen der Kurden, ebenso wenig wie aus Ankara. Die türkische Regierung hatte jedoch mehrfach betont, bei der Befreiung Raqqas eine zentrale Rolle spielen zu wollen. Nun scheint es, dass ihr wie schon im Fall Mossul eine Beteiligung verwehrt wird - bei der Offensive auf die irakische IS-Hochburg hat die Regierung in Bagdad sich jegliche Einmischung Ankaras verbeten.

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