Syrien-Konflikt:Raketen für Trumps Twitter-Image

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Vor dem Angriff auf Syrien polterte der US-Präsident auf Twitter gegen Syrien und Russland. Seine markige Ankündigung soll der Hauptgrund für den Feuerbefehl gewesen sein.

Von Thorsten Denkler, New York

Wer A sagt, muss auch B sagen, lautet ein Sprichwort. Und wer auf Twitter mit "schönen, neuen und intelligenten" Raketen droht, die bald auf Syrien herabregnen werden, der muss zumindest ein paar von diesen Raketen abfeuern. Sonst verliert er seine Twitter-Glaubwürdigkeit.

Ein irrer Gedanke? Nicht im Trump-Universum. Ein Bericht der New York Times legt jedenfalls nahe, dass Trump aus genau diesem Grund den Militärschlag gegen Syrien vom vergangenen Samstag vorangetrieben hat. Gegen den Rat seines Verteidigungsministers Jim Mattis. Die Geschichte würde der Genese des Angriffs ein nicht unwesentliches Detail hinzufügen.

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Zudem fühlte sich das Sicherheitsteam von einer Menschenmenge bedroht. Es sollte die Lage für die Chemiewaffenexperten der OPCW erkunden. Die haben ihre Inspektion in der Stadt nun auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die Times berichtet unter Berufung auf Mitarbeiter des Weißen Hauses, dass Trump mit dem Angriff vor allem seinen kriegerischen Tweets aus der vergangenen Woche habe Nachdruck verleihen wollen. Das New York Magazine rekonstruiert den Hergang der Ereignisse so:

  • Vergangenen Dienstag werden Berichte öffentlich, wonach die US-Regierung darüber nachdenke, möglicherweise mit Militärschlägen auf den mutmaßlichen Giftgas-Angriff der syrischen Regierung auf die eigene Bevölkerung vom Sonntag davor zu reagieren.
  • Der russische Botschafter im Libanon warnt danach, wenn das geschehe, werde Russland sämtliche US-Raketen und die dazugehörigen Militärstellungen vernichten. Wobei in der Regel nicht wirklich relevant ist, was ein russischer Botschafter im Libanon zu den Vorgängen in Syrien zu sagen hat.
  • Am darauffolgenden Morgen aber berichtet die Fox-News-Sendung Fox and Friends darüber, versehen mit dem Kommentar: "Wir sollten den Russen sagen, dass jede syrische Militärbasis ein Ziel ist. Und wenn ihr da seid, dann ist das euer Problem."
  • Minuten später twittert Trump, ganz entlang der Linie, die die Fox-and-Friends-Moderatoren vorgegeben haben: "Russland verspricht, alle Raketen in Richtung Syrien abzufangen. Mach Dich bereit, Russland, weil sie kommen werden. Schön und neu und 'intelligent!' Ihr solltet euch besser nicht mit einem Tier verbrüdern, das mit Gas die eigenen Leute tötet und Spaß daran hat."

Nun ist der US-Präsident der wohl berühmteste Zuschauer von Fox and Friends, er lobt die Sendung regelmäßig in den höchsten Tönen auf Twitter. Was daran liegen mag, dass sie ausschließlich von Trump-Fans moderiert wird. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass Trump auch die besagte Ausgabe gesehen hat. In der Vergangenheit war immer wieder zu beobachten, wie er die Sendung live mit seinen Tweets begleitete.

Was es bis dahin aber noch nicht gab: dass ein US-Präsident einen Luftangriff in den sozialen Medien ankündigt. Zur Überraschung der eigenen Leute übrigens. Im Weißen Haus gab es zu diesem Zeitpunkt keine abgestimmte Linie, wie die USA auf den mutmaßlichen Giftgasangriff reagieren sollen.

Mattis wollte abwarten, Trump waren seine Tweets wichtiger

Verteidigungsminister Mattis hatte Trump dem New-York-Times-Bericht zufolge gedrängt, abzuwarten, bis die Beweise gegen die syrische Regierung stichhaltig seien. Und der Kongress eine Möglichkeit bekommen habe, eine Attacke zu unterstützen. Trump aber soll Mattis überstimmt haben. Er habe auf eine "durchschlagende Antwort" bestanden, berichtet die Zeitung. Wohl vor allem, um seine Tweets nicht ins Leere laufen zu lassen. Trumps einziges Zugeständnis an Mattis soll demnach gewesen sein, die Attacke so klein zu halten, dass Russland sie nicht als Kriegserklärung auffassen musste.

Lediglich drei Ziele wurden angegriffen, die das Assad-Regime zur Lagerung oder Herstellung von Giftgas genutzt haben soll. Von den westlich orientierten Staaten wurde das Manöver als die angemessene Antwort auf das vorangegangene Verbrechen des syrischen Regimes am eigenen Volk aufgefasst. Frankreich und Großbritannien waren gar an der Operation beteiligt.

Bei dieser Einschätzung dürfte es bleiben. Auch wenn Trump mit dem Angriff womöglich allein das Ziel verfolgt hat, sein via Twitter aufgebautes Image der Härte zu bestätigen.

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