Syrien-Konferenz in Tunis:Clinton fordert Assad zum Waffenstillstand auf

"Das Assad-Regime hat keine Zukunft": US-Außenministerin Clinton spricht deutliche Worte in Richtung Syrien, sie pocht auf einen sofortigen Waffenstillstand. Eine breite internationale Allianz will den Druck auf das syrische Regime erhöhen, militärische Hilfe für die Opposition lehnen die Staaten allerdings ab. In Homs haben Mitarbeiter des Roten Kreuzes mittlerweile begonnen, Verletzte zu versorgen.

Klare Worte in Richtung Baschar al-Assad: US-Außenministerin Hillary Clinton forderte in ihrer Eröffnungsrede auf der Syrienkonferenz in Tunis den syrischen Präsidenten zum sofortigen Waffenstillstand auf.

Syrien-Konferenz in Tunis: Die Staatengemeinschaft "Freunde Syriens" will den Druck auf das Assad-Regime erhöhen. Davon ungeachtet geht die Gewalt in dem Land weiter: Der Ausschnitt aus einem Youtube-Video zeigt Kämpfe in der Stadt Homs.

Die Staatengemeinschaft "Freunde Syriens" will den Druck auf das Assad-Regime erhöhen. Davon ungeachtet geht die Gewalt in dem Land weiter: Der Ausschnitt aus einem Youtube-Video zeigt Kämpfe in der Stadt Homs.

(Foto: AFP)

Zum Auftakt des Treffens der "Freunde Syriens" aus mehr als 60 Teilnehmerstaaten warf die Ministerin Assad vor, er habe jede Warnung ignoriert, jede Gelegenheit zum Einlenken verstreichen lassen und jedwede Vereinbarung gebrochen.

Die Konferenzteilnehmer fordern von Syrien, den Zugang humanitärer Helfer insbesondere für die Rebellenhochburg Homs zu gestatten. "Wenn Assad diese lebensrettende Hilfe für Zivilpersonen verweigert, wird er noch mehr Blut an seinen Händen haben", sagte Clinton in einem dramatischen Appell. "An alle Syrer, die noch immer Assad stützen, speziell die Mitglieder der syrischen Armee: Dieses Regime hat keine Zukunft."

Zugleich sicherte Clinton dem Land zur Bekämpfung der humanitären Notlage zehn Millionen Dollar (7,5 Millionen Euro) zu. Das Geld solle zur Unterstützung provisorischer Krankenhäuser, zur Ausbildung von Rettungskräften und zur Versorgung bedürftiger Zivilisten mit Wasser, Essen, Decken und Heizungen eingesetzt werden, sagte Clinton.

Zu der "Gruppe der Freunde des syrischen Volkes" gehören mehr als 60 Länder und Nationen, darunter alle EU-Staaten und die USA sowie die arabischen Nationen, die zur Arabischen Liga zählen. Russland und China sind bei dem Treffen in Tunis nicht vertreten. Die Gruppe will unter der Leitung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan Lösungsmöglichkeiten für den Syrien-Konflikt erörtern.

Der neue tunesische Präsident Moncef Marzouki schlug vor, den syrischen Präsidenten mit seiner Familie nach Russland ins Exil zu schicken, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Allerdings solle der Assad-Familie im Gegenzug Immunität zugesichert werden. Der Gerechtigkeit sei dann zwar nicht gedient, "aber das Leben der Syrer ist noch wichtiger als die Gerechtigkeit", so Marzouki.

Die Kontaktgruppe drohte weitere Sanktionen an, falls die Gewalt gegen das syrische Volk nicht beendet werden sollte. Von einer Militärintervention in Syrien wollten die Teilnehmer allerdings nichts wissen.

Saudi-Arabien unterstützt Waffenlieferungen für Rebellen

Saudi-Arabien geht dies nicht weit genug: Einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa zufolge verließ der saudische Außenminister unter Protest die Konferenz. Prinz Saud al-Faisal habe damit deutlich machen wollen, dass es falsch sei, sich nur auf die Frage der humanitären Hilfe zu konzentrieren. Vielmehr müssten konkrete Schritte für einen Schutz der syrischen Bevölkerung beschlossen werden. Al-Faisal hatte die Lieferung von Waffen an die syrischen Rebellen ausdrücklich befürwortet: Bei Beginn eines Treffens mit US-Außenministerin Hillary Clinton antwortete er auf die Frage, ob die Belieferung der gegen die Regierungstruppen kämpfenden Kräfte in Syrien eine gute Idee sei, "ich glaube, es ist eine ausgezeichnete Idee." Die Rebellen müssten sich selber beschützen, fügte er als Begründung hinzu.

Genau dies ist es, was der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) von der internationalen Allianz fordert. Der SNC appellierte an die in Tunis versammelten Vertreter, der Freien Syrischen Armee militärisch zu helfen. Doch die "Freunde" zögern: Westliche und arabische Staaten sind sich uneins, ob sie der Forderung nachkommen sollen.

Allerdings soll sich die syrische Opposition bereits Waffen im Ausland beschaffen: Westliche und anderen Regierungen drückten dabei ein Auge zu, wie ein Vertreter des SNC am Rande des Treffens sagte.

Bei den Beratungen in Tunis ging es vorrangig um die Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe, damit humanitäre Hilfe die Bevölkerung erreichen kann. Dies geht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge aus dem Entwurf einer Erklärung hervor. Darin wird der oppositionelle Syrische Nationalrat als die legitime Vertretung der Syrer bezeichnet, die einen friedlichen demokratischen Wandel anstrebten. Von einem wie auch immer gearteten militärischen Engagement ist in dem Papier nicht die Rede.

Assad-Anhänger wollten Tagungshotel stürmen

Am Rande der Konferenz kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Anhängern von Assad: Etwa 200 seiner Unterstützer versuchten, das Tagungshotel in Tunis zu stürmen. Die Polizei drängte die Demonstranten mit Schlagstöcken vom Parkplatz des Hotels zurück.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte an, von dem Treffen der "Freunde Syriens" werde ein Signal für die Unterstützung der Opposition ausgehen. Der neue Syrien-Sonderbeauftragte und frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan verlangte ein Ende der Gewalt in dem arabischen Land. Nach seiner Ernennung durch die Arabische Liga und die Vereinten Nationen kündigte der Friedensnobelpreisträger zudem an, sich auch für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen in Syrien einsetzen zu wollen.

Nothelfer erreichen Homs

Ungeachtet dessen griffen die Truppen des syrischen Machthabers Assad erneut Wohngebiete in der Protesthochburg Homs an: Nach Oppositionsangaben wurden dabei mindestens fünf Menschen getötet. Auch in anderen Städten sollen nach Angaben von Aktivisten Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen haben. In einem Dorf in Zentralsyrien seien mindestens 18 Menschen hingerichtet worden. Insgesamt seien an diesem Freitag mindestens 52 Menschen getötet worden.

Inzwischen haben Nothelfer des Roten Kreuzes in Homs begonnen, Verletzte zu versorgen. Das bestätigte ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). "Wir sind jetzt in (dem Stadtviertel) Baba Amro zusammen mit dem Syrischen Roten Halbmond", sagte IKRK-Sprecher Bijan Farnoudi. Es seien "Verhandlungen über den Abtransport aller Verletzten ohne Ausnahme" im Gange, teilte Farnoudi über den Internet-Dienst Twitter mit. Kurz darauf meldete IKRK-Sprecherin Carla Mardini, Helfer hätten begonnen, Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen.

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