New York:Hoffnung auf die Wende im Syrien-Krieg

Pictures of the Year 2015

Land in Schutt und Asche: Ein Mann flüchtet mit einem Mädchen auf dem Arm vom Ort eines Luftangriffs in Damaskus.

(Foto: REUTERS)

Noch vor Kurzem schien das unvorstellbar: Wenn alles gutgeht, könnte der UN-Sicherheitsrat am Freitag eine Resolution verabschieden, die eine Befriedung Syriens möglich macht.

Von Stefan Braun, Berlin

Es ist noch nicht lange her, da galt der Krieg in Syrien als unlösbar. Doch wenn am Freitag in New York Amerikaner und Russen, Türken und Iraner, dazu zahlreiche Europäer und die meisten arabischen Staaten zum dritten Syrien-Treffen binnen weniger Wochen zusammenkommen, gibt es die Chance, die Lage Schritt für Schritt zum Besseren zu wenden.

Sollte gelingen, was sich vor allem Amerikaner und Europäer erhoffen, dann könnte am Freitagnachmittag der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschieden, in der die Grundlagen für eine Befriedung des Landes gelegt werden - mit Zeitplänen, einer Festlegung auf ein säkulares und demokratisches Syrien und mit der Garantie der fünf Veto-Mächte, einen Waffenstillstand gemeinsam zu überwachen. All das war beim letzten Wiener Treffen zwar schon formuliert worden. Eine Verabschiedung durch den Sicherheitsrat würde ihm aber einen stärkeren, völkerrechtlich verbindlicheren Charakter geben.

So weit allerdings ist man noch nicht. Sicher ist nur, dass es eine Sitzung des Sicherheitsrats geben wird. Davor jedoch musste US-Außenminister John Kerry noch mal persönlich nach Moskau reisen, um in Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow letzte Hürden aus dem Weg zu räumen. Die wichtigste dabei: Russland wollte sich extra bitten lassen. So jedenfalls schildern es westliche Diplomaten, die wissen, wie wichtig es den Amerikanern ist, nach der so genannten russischen UN-Woche Ende September das Jahr mit einem Erfolg unter eigener Regie zu beenden.

Ende September hatte Putin, begleitet vom Aufmarsch eigener Truppen in Syrien, erst die Amerikaner in New York zu Gesprächen gezwungen und direkt danach mit dem Bombardement begonnen. Nicht nur in Washington war das als Düpierung der US-Regierung gelesen worden. Eine Friedensresolution unter US-Vorsitz wäre nach amerikanischer Lesart die richtige Jahresabschlussantwort.

Jenseits dieser Fragen zeigt sich inzwischen, dass die meisten Kriegsparteien in Syrien, darunter inländische Milizen und Parteien genauso wie ihre ausländischen Unterstützer und Einpeitscher, allmählich einer Befriedung mehr abgewinnen können und eine Fortsetzung des Krieges immer kritischer sehen. Und das nicht nur, aber auch deshalb, weil eine Fortsetzung der Kämpfe untereinander die Schlagkraft gegen den so genannten Islamischen Staat (IS) verringern würde.

Zuletzt bewies das nach Einschätzung europäischer Diplomaten Saudi-Arabien, dem es - anders als von Russland und vom Iran erwartet - bei einem Treffen in Riad gelang, tatsächlich zahlreiche syrische Oppositionsgruppen in eine gemeinsame Verhandlungsdelegation zu bringen. Das besondere daran war nicht, dass die zerstrittene Anti-Assad-Opposition mitmachte. Bemerkenswert war, dass auch einige wenige Russland-freundliche Vertreter in die gut 30-köpfige Verhandlungsgruppe aufgenommen wurden.

Unterschiedliche Interessen, schwer unter einen Hut zu bringen

Nach Einschätzung westlicher Diplomaten sind Russland und Iran dadurch für beide unerwartet schnell unter Zugzwang geraten, jetzt auch das Regime in Damaskus zur Festlegung eines Verhandlungsteams zu bewegen. Beides ist Voraussetzung dafür, dass Anfang Januar wie bislang angedacht Gespräche zwischen Regime und Opposition über eine Übergangsregierung beginnen können.

Ob das gelingen kann, wird sich am Freitag morgen in New York zeigen, wenn vor der Sitzung des Sicherheitsrats eine dritte Gesprächsrunde im so genannten Wiener Format zusammenkommt. Dann müssen Moskau und Teheran offen legen, wie weit sie mit ihren Bemühungen gekommen sind.

Daneben wird auch der jordanische Außenminister Nasser Judeh das Wort ergreifen. Er hatte in Wien die Aufgabe übernommen, in informellen Gesprächen mit Militärs und Geheimdiensten aller beteiligten Staaten darüber zu sprechen, welche Milizen in Syrien als akzeptable Opposition an Waffenstillstandsgesprächen beteiligt werden sollen - und welche als Terroristen weiter bekämpft werden müssen.

Noch ist völlig ungewiss, ob es Judeh gelingen kann, die Vorstellungen Moskaus und jene beispielsweise der Saudis oder der Golfstaaten unter einen Hut zu bringen. Moskau erklärt bislang quasi alle Assad-Gegner zu Terroristen. Saudi-Arabien und die Golfstaaten sehen das anders. Ohne eine Einigung hier dürfte ein Waffenstillstand unerreichbar bleiben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: