Syrien:Assads Truppen belagern Daraa

Erst am Freitag war ein Waffenstillstand in Kraft getreten. Israel will indes verhindern, dass Iran und die Hisbollah-Miliz in die Nähe der Grenze vorrücken und verlangt eine Pufferzone.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die syrische Armee hat im Zuge ihrer Offensive im Südwesten des Landes mit einer Belagerung von Daraa begonnen, der für die Opposition symbolisch bedeutenden Stadt, die 2011 Ausgangspunkt der Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad war. Unklar war zunächst, ob damit der am Freitag von Russland vermittelte Waffenstillstand hinfällig ist. Offenbar gibt es Streitigkeiten über die Umsetzung der Vereinbarung. Die Rebellen hatten russischer Militärpolizei kampflos den Grenzübergang Nassib nach Jordanien überlassen und schwere Waffen abgegeben. Russland sollte garantieren, dass die syrische Armee nicht nach Daraa einrückt. 1000 Mann der Rebellen, die sich nicht ergeben wollten, sollten nach Idlib abziehen dürfen. Viele der Zehntausenden Flüchtlinge, die versucht hatten, nach Jordanien zu gelangen, kehrten offenbar in ihre Dörfer zurück.

Zugleich steigen in der benachbarten Provinz Quneitra die Spannungen mit Israel. Das Gebiet grenzt an die von den UN überwachte demilitarisierte Zone auf den Golanhöhen, die Israel annektiert hat. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte, Israel bestehe darauf, dass das Waffenstillstandsabkommen von 1974 "auf den letzten Buchstaben eingehalten" werde und warnte, auf Verletzungen werde Israel eine "harte Antwort" geben. Am Freitag bombardierte die israelische Luftwaffe eine syrische Stellung, nachdem von dort zuvor Artilleriegranaten Richtung demilitarisierte Zone gefeuert wurden. Die israelische Armee hat zusätzliche Panzer und Artillerie auf die Golanhöhen verlegt, deren Geschütze bis nach Damaskus reichen.

Israel will verhindern, dass Iran und die Hisbollah-Miliz in die Nähe der Grenze vorrücken

Israel will vor allem verhindern, dass iranische Revolutionsgardisten, Kämpfer der mit Teheran verbündeten Hisbollah oder anderer schiitischer Milizen in die Nähe der Grenze vorrücken. Bislang konzentriert sich die von massiven Luftangriffen begleitete Offensive auf Daraa, es ist allerdings nur eine Frage der Zeit, bis ähnliche Vorstöße in Quneitra folgen. Im Grenzgebiet dort suchen Zehntausende Menschen Zuflucht in der Erwartung, dass Israel ein Bombardement nicht zulassen werde. Die israelische Armee versorgt sie über die Grenze hinweg mit Hilfsgütern, eine Öffnung der Grenze schließt Israel aber aus.

Premier Benjamin Netanjahu trifft an diesem Mittwoch in Moskau erneut den russischen Präsidenten Wladimir Putin, nur acht Wochen nach dem jüngsten Gespräch der beiden. Israel verlangt eine Pufferzone für iranische Einheiten an der Grenze und mittelfristig den vollständigen Abzug Teherans aus dem Nachbarland. Russland hat zwar bislang zahlreiche Luftangriffe Israels auf Ziele der Revolutionsgarden und der Hisbollah in Syrien ungehindert geschehen lassen, aber auch nicht die von Israel geforderten Garantien gegeben. Erst am Sonntag meldeten syrische Staatsmedien einen Luftangriff auf den Luftwaffenstützpunkt T4 bei Homs, auf dem auch iranische Kräfte stationiert sind. Israel ließ die Berichte wie üblich unkommentiert. Präsident Assad hat abgelehnt, iranische Einheiten nicht an der Offensive zu beteiligen.

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