Syrien:Assad will ein Jahr Zeit für Zerstörung von Chemiewaffen

Die Vernichtung seines Chemiewaffen-Arsenals ist nach Einschätzung des syrischen Machthabers Assad eine "komplizierte Operation" - zu der er sich aber jetzt in einem TV-Interview bereit erklärt hat. Auch bei der Übernahme der Kosten hat Assad klare Vorstellungen. Zugleich bestritt er abermals, dass sein Regime für den Sarin-Angriff auf die eigene Bevölkerung verantwortlich sei.

Syriens Machthaber Baschar al-Assad ist zur Vernichtung der Chemiewaffen bereit - kündigte aber zugleich an, dass dies insgesamt etwa ein Jahr dauern werde. Der ganze Prozess koste zudem viel Geld, ungefähr eine Milliarde Dollar, sagte Assad in einem Interview des TV-Senders Fox News, dass am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlt wurde. "Es ist eine sehr komplizierte Operation", sagte Assad.

Assad kündigte an, dass sein Land sich vollständig an das Chemiewaffenabkommen der Vereinten Nationen halten wolle. Dazu gehöre auch die Zerstörung des syrischen Arsenals. "Wenn wir als Syrien einer Vereinbarung beitreten, dann halten wir uns immer an solche Vereinbarungen."

Zugleich bestritt er, dass sein Regime für den Chemiewaffenangriff auf die eigene Bevölkerung am 21. August verantwortlich sei. Das sei "nicht realistisch und nicht wahr", sagte er und ergänzte: "Jeder kann Sarin machen". Er erklärte, dass es sich bei der Attacke um ein Verbrechen gehandelt habe. Assad bestritt, dass sich Syrien in einem Bürgerkrieg befinde. Es sei vielmehr durch Zehntausende, mit dem Terrornetzwerk Al-Qaida verbündete Dschihadisten angegriffen worden.

Assad bestritt außerdem, dass ihn die Drohung mit einem militärischen Eingreifen dazu gebracht habe, der Vernichtung der Chemiewaffen zuzustimmen. Die sei "ein Missverständnis", sagte er. "Syrien würde sich nie einer Drohung beugen." Der syrische Machthaber forderte US-Präsident Barack Obama aber zugleich auf, seinem Land nicht mehr mit einem Militärschlag zu drohen. Er solle vielmehr "auf den gesunden Menschenverstand" seines Volkes hören. Ein Großteil der US-Bürger ist gegen ein militärisches Eingreifen in den Syrien-Konflikt oder sieht dieses skeptisch.

Nach einer Vereinbarung der USA mit Russland muss das Assad-Regime sein Chemiewaffenarsenal bis Samstag offenlegen. Bis Mitte 2014 sollen die Chemiewaffen aus dem Land gebracht und zerstört werden. Experten bezweifeln, dass der Plan mitten im Bürgerkrieg umgesetzt werden kann. Er sei damit einverstanden, dass die amerikanische Regierung die Waffen zur Vernichtung in die USA bringe, wenn sie bereit sei, "das Geld zu bezahlen", sagte Assad Fox-News.

"Selektiver Bericht" der UN-Inspekteure

Unterdessen gibt es Streit über die Objektivität des Syrien-Berichts der UN-Chemiewaffeninspekteure. Die Vereinten Nationen wiesen die Kritik Russlands zurück. UN-Sprecher Martin Nesirky erklärte am Mittwoch, die Untersuchungsergebnisse über die Verwendung von Giftgas in Syrien seien "unstrittig". Die Resultate sprächen für sich selbst. Es sei "ein völlig objektiver Bericht" über diesen Zwischenfall gewesen, betonte Nesirky.

Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow hatte den Inspekteuren laut Staatsagentur Ria Nowosti vorgeworfen, "sie haben einen selektiven und unvollständigen Bericht erstellt". Moskau unterstellt den Experten, sie seien "politisiert, voreingenommen und einseitig" vorgegangen. Russland will dem Weltsicherheitsrat nun Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen durch die syrischen Rebellen vorlegen. Die Regierung in Damaskus habe Rjabkow Material übergeben, das die "Provokationen" vonseiten der Aufständischen zeige, sagte Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax zufolge.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte einen erneuten Einsatz der Inspekteure in dem Bürgerkriegsland angekündigt. Sie sollen dort weitere Vorfälle untersuchen. Danach werde das Expertenteam einen Abschlussbericht vorlegen, sagte Ban am Dienstagabend bei der Eröffnungssitzung der UN-Vollversammlung in New York. Er forderte zugleich den Sicherheitsrat auf, eine starke Syrien-Resolution einschließlich der Androhung von Konsequenzen zu verabschieden. Das Gremium müsse einen Weg finden, den von Russland und den USA vorgegebenen Plan zur Offenlegung der syrischen Chemiewaffen durchzusetzen. "Im Fall einer Nichteinhaltung muss es Konsequenzen geben", sagte er.

Die Chemiewaffeninspekteure könnten nach Ansicht des Teamleiters Åke Sellström schon in der kommenden Woche für weitere Untersuchungen nach Syrien reisen. Es gehe um drei noch zu untersuchende Vorwürfe, sagte er dem US-Nachrichtensender CNN. Zuvor hatte auch Rjabkow kritisiert, die UN-Experten hätten drei weitere angebliche Chemiewaffeneinsätze nicht untersucht.

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