Syrien:Assad setzt Panzer gegen Oppositionelle ein

Syriens Machthaber Assad entsendet erstmals Militäreinheiten in die Stadt Daraa, zudem startet das Regime eine Verhaftungswelle. Die USA drohen derweil mit Sanktionen.

Tomas Avenarius, Kairo

Syriens Regime geht nun auch mit Panzern gegen den landesweiten Aufstand vor. Armee-Einheiten stürmten nach Oppositionsberichten am Montag die Stadt Daraa. Dabei sollen Artillerie und Scharfschützen eingesetzt worden sein. Mindestens fünf Menschen sollen getötet worden sein, einige Oppositionsvertreter sprachen gar von 25 bis 40 Toten.

Soldiers take up position near a tank on a street in a location given as Deraa in this still image taken from amateur video

Mit Panzern gegen Demonstranten: Ein Amateurvideo, das ins Internet gestellt wurde, zeigt, wie in Deraa gegen Oppositionelle vorgegangen wird.

(Foto: REUTERS)

Der erstmalige Einsatz von Truppen bedeutet eine Eskalation im Konflikt zwischen Regime und Opposition. Er steht auch im Widerspruch zu den Reformversprechen von Präsident Baschir al-Assad. Bereits am Freitag und Samstag waren Sicherheitskräfte mit größter Härte gegen Demonstrationen in Städten vorgegangen. Bis zu 126 Menschen sollen getötet worden sein.

"Sie wollen die Revolution niederschlagen und gehen mit äußerster Brutalität vor", sagte ein Aktivist aus Daraa. Die Stadt an der jordanischen Grenze hat symbolische Bedeutung. Sie war vor fünf Wochen Ausgangspunkt der Revolte gegen das seit mehr als 40 Jahre herrschende Regime. Bevor die Truppen vorstießen, wurden die Grenze gesperrt, die Stadt umstellt und die Telefonleitungen unterbrochen. Berichte der Opposition können jedoch nicht überprüft werden, da Damaskus ausländischen Journalisten den Zugang verweigert.

Seit Ausbruch des Aufstandes in Syrien sollen bereits 350 Menschen ums Leben gekommen sein. Die Revolte war durch die Festnahme mehrerer Schüler in Daraa ausgelöst worden, die regimekritische Parolen an Hauswände geschrieben hatten. Assad reagierte widersprüchlich: Er versprach Reformen und hob den seit 48Jahren herrschenden Ausnahmezustand auf. Andererseits setzt er seine Sicherheitskräfte immer rücksichtsloser ein.

Der Armee-Einsatz in Daraa könnte ein Zeichen sein, dass alle Proteste mit Waffengewalt unterdrückt werden sollen. Assad scheint sich der Streitkräfte sicher zu sein: Das Offizierskorps ist mit Regimegetreuen oder Mitgliedern der alawitischen Minderheit besetzt, der auch die Assad-Familie angehört. In Ägypten und Tunesien hingegen hatten Offiziere die Machthaber nach wochenlangen Protesten gestürzt.

Am Sonntag startete das Regime zudem eine Verhaftungswelle in Daraa, Damaskus und anderen Städten: Es sollen bereits 300 Menschen festgenommen worden sein. Ein Beleg für die Verschärfung des Konflikts war der Rücktritt zweier Parlamentarier und eines von der Regierung eingesetzten Islamgelehrten aus Daraa. Sie protestierten damit gegen die Gewalt. Ein weiterer Islamgelehrter, Scheich Ahmed al- Sayasneh, tauchte unter. Er hatte die Sicherheitskräfte als "Mörder" bezeichnet: "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück gibt. Sie töten unsere Söhne. Es gibt nichts mehr, worüber man reden könnte."

Die Zusammensetzung der Opposition ist undurchsichtig. Die Protestierenden fordern demokratische Reformen, in ihren Reihen finden sich bekannte Menschenrechtler. Das Regime aber macht Islamisten und "bewaffnete Kriminelle" für die Unruhen verantwortlich.

US-Präsident Barack Obama warf Assad "empörenden Gewalteinsatz" vor. Assad suche bei der Niederschlagung der Proteste zudem die Unterstützung seines Verbündeten Iran. Damaskus wies dies zurück. Als Antwort auf die Eskalation erwägt Obama Sanktionen. Angeblich sollen US-Konten syrischer Regimemitglieder eingefroren werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: