Syrien:Angriff auf den Ölhändler

Amerikanische Soldaten töten bei einer Kommandoaktion in Syrien einen wichtigen Manager der Terroristen. Ein Signal: Kein Terrorist ist sicher.

Von Nicolas Richter

Die Black-Hawk-Hubschrauber gerieten nach der Landung sofort unter Feuer. Es folgte Nahkampf, und als die amerikanische Sondereinheit Delta Force den Schauplatz al-Amr im Osten Syriens in der Nacht zu Samstag wieder verließ, war einer der Helikopter voller Einschusslöcher, und der Mann, den die Amerikaner gesucht hatten, war tot: Abu Sayyaf, eine Führungskraft der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die US-Soldaten sollen geplant haben, ihn gefangen zu nehmen, um ihn zu verhören. Bei dem Gefecht aber kamen Abu Sayyaf und ein Dutzend Extremisten ums Leben. Nach Angaben des Pentagon blieben die amerikanischen Soldaten unversehrt.

Abu Sayyaf soll nicht zur eigentlichen Spitze des IS gehört haben, allerdings galt er als wichtige Figur im oberen Führungskreis der Organisation. Als "Emir für Öl und Gas" soll er in der Nähe der Ölfelder bei Deir al-Zour in Syrien den Verkauf von Rohstoffen geleitet haben - eine wichtige Einkommensquelle für die Terroristen. Der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter sagte, man habe dem IS einen "schweren Schlag" versetzt. Wenn Abu Sayyaf allerdings tatsächlich nur zum oberen Teil der IS-Verwaltung gehörte, dürfte er durchaus zu ersetzen sein.

Die Aktion war vor allem ein Symbol: Niemand ist sicher

Womöglich ist der Erfolg dieser Aktion des US-Militärs deswegen eher symbolisch. Es ist überhaupt erst das zweite Mal, dass eine amerikanische Sondereinheit in Syrien auf dem Boden operiert - und das erste Mal, dass sie ihr Ziel auch erreicht. Der einzige andere Versuch war im vergangenen Jahr fehlgeschlagen. Damals hatten Angehörige der Spezialeinheit Delta Force versucht, den amerikanischen Journalisten James Foley zu befreien, ohne ihn aber zu finden. Er wurde später vom IS geköpft. Auch in Jemen sind jüngst zwei Versuche des amerikanischen Militärs fehlgeschlagen, Geiseln zu befreien.

Die von Präsident Barack Obama genehmigte Operation gegen Abu Sayyaf soll den IS-Terroristen wohl zeigen, dass die USA sie noch immer überall fassen können und bereit sind, dafür große Risiken einzugehen. Die CIA und das Pentagon haben in Syrien ein Netzwerk von Informanten aufgebaut, das inzwischen offenbar bis in den IS hineinreicht. Außerdem verwendeten sie für den Einsatz Bilder von Satelliten und von Aufklärungsflügen mit Drohnen.

Aus amerikanischer Sicht verlief die Operation auch deswegen erfolgreich, weil trotz heftiger Gegenwehr der Extremisten kein US-Soldat verletzt wurde, während ein Dutzend IS-Anhänger ums Leben gekommen sein sollen. Nach amerikanischen Angaben gab es bei dem Einsatz auch keine zivilen Opfer. Während die USA im Irak mit Tausenden militärischen "Beratern" vertreten sind, operieren sie in Syrien bisher allenfalls aus der Luft.

Die Soldaten der Delta Force brachten von ihrem Einsatz, den sie vom Irak aus geflogen hatten, zwei Frauen mit. Eine von ihnen soll die Ehefrau Abu Sayyafs sein, sie ist zunächst nur unter dem Namen Umm Sayyaf bekannt. Die andere ist eine jesidische Frau, die von dem Ehepaar offenbar als Sklavin gehalten wurde. Sie soll nun zu ihrer Familie zurückkehren. Bei seinem Vormarsch im Norden des Irak soll der IS zahlreiche Angehörige der Jesiden, einer christlichen Minderheit, ermordet und vergewaltigt haben. Von dem Einsatz in Syrien sollen die US-Soldaten ferner Computer, Telefone und Unterlagen mitgebracht haben.

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