Südkorea:Spiel auf Zeit

South Korean President Park Geun-hye address to the Nation

Park Geun-hye gerät wegen einer Korruptionsaffäre immer mehr unter Druck. Am Samstag forderten in der Hauptstadt Seoul Hunderttausende Südkoreaner den Rücktritt der Präsidentin.

(Foto: Yonhap/dpa)

Präsidentin Park lenkt in der Korruptionsaffäre scheinbar ein. Von einem freiwilligen Rücktritt spricht sie aber nicht.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye hat ihre Taktik geändert. In einer am Dienstag live übertragenen Rede bedauerte Park die Korruptionsaffäre um ihre Vertraute Choi Soon-sil. Zudem sagte sie, sie wolle "die Frage meines Abgangs, eine Verkürzung meiner Amtszeit eingeschlossen, einer Entscheidung der Nationalversammlung" überlassen. Einen freiwilligen Rücktritt erwähnte sie mit keinem Wort; wahrscheinlich ist, dass Park mit ihrer Erklärung nur zum Schein einlenken will.

Noch am Montag hatte das Blaue Haus, der Amtssitz der Präsidentin, mitgeteilt, Park und ihre Unterstützer hätten "die Idee eines Rücktritts nie diskutiert". Nur einen Tag später will die unter Druck stehende Politikerin ihr Schicksal in die Hände des Parlaments legen, wie sie in der Fernsehansprache sagte. Wenn ihre Saenuri-Partei und die Opposition gemeinsam einen Weg fänden, der ein Machtvakuum verhindere und eine stabile, gesetzeskonforme Machtübergabe garantiere, sei sie zu einer Verkürzung ihrer Amtszeit bereit. In Südkorea legt, wie anderswo, die Verfassung die Amtszeit der Präsidentin fest. Das Parlament kann diese nur durch ein Amtsenthebungsverfahren verkürzen. Genau das möchte die 64-Jährige verhindern. Im Wissen, dass ein "gemeinsam gefundener Weg" gesetzlich kaum möglich ist, jedenfalls nicht auf die Schnelle, gibt sie sich scheinbar geschlagen. Park spielt auf Zeit, ihre Amtszeit läuft in 14 Monaten ohnehin ab.

Die Adressaten ihres vermeintlichen Entgegenkommens sind jene etwa 40 Abgeordneten von Saenuri, die sich gegen sie gewendet haben. Für eine Zweidrittelmehrheit zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahren braucht die Opposition die Stimmen von 28 Saenuri-Abgeordneten. Scheitert die auf Freitag angesetzte Abstimmung, kann Park ihre Amtszeit aussitzen, obwohl nur noch vier Prozent der Koreaner zu ihr halten. Es breche ihr das Herz, dass sie die Wut der Bürger nicht lindern könne, sagte sie in ihrer Ansprache, bestritt aber erneut jede Schuld.

Die Staatsanwaltschaft wirft Park vor, sie habe ihrer Freundin Choi geholfen, Südkoreas Großkonzernen mindestens 70 Millionen Euro abzupressen. Zudem soll die Präsidentin die Schamanenpredigerin ohne Sicherheitsüberprüfung und offizielles Amt in politische Entscheidungen einbezogen haben. Park, die als Präsidentin Immunität vor Strafverfolgung genießt, weigert sich, direkt mit einem Staatsanwalt zu reden. Bereits am Montag hatten Saenuri-Politiker im Ruhestand und einige Vertraute Parks in der Partei die Präsidentin zu einem "ehrenvollen Abgang" aufgefordert. Mit dem undefinierten Weg, von dem sie sprach, dürfte sie einen Abgang meinen, der ihr weiter Immunität garantiert.

Die Opposition wies das Angebot Parks als Trick zurück. "Die Menschen fordern ihren sofortigen Rücktritt", sagte Youn Kwan-suk, Sprecher der Demokraten, der größten Oppositionspartei. "Kein Spiel auf Zeit und auch kein Abschieben der Verantwortung ans Parlament." Dagegen rief Chung Jin-suk, Fraktionschef der Saenuri-Partei, die Opposition dazu auf, sie möge die vorgesehene Abstimmung über ein Amtsenthebungsverfahren aussetzen. Genau das hat Park mit ihrem Schein-Angebot wohl bezweckt.

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