Südafrika:Im Reich der drei Brüder

Südafrika: Die indische Unternehmerfamilie hat sich die richtigen Freunde gesucht – allen voran Präsident Jacob Zuma.

Die indische Unternehmerfamilie hat sich die richtigen Freunde gesucht – allen voran Präsident Jacob Zuma.

(Foto: AP)

Die Korruptionsaffäre um Präsident Zuma und die Gupta-Familie erfasst immer mehr internationale Firmen.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Es muss eine schöne Hochzeit gewesen sein, ein bisschen wie in 1001 Nacht. Auf den Fotos der Trauung im Jahr 2013 sieht man Männer mit Turbanen und Frauen mit langen Glitzerkleidern vor der Kulisse eines Luxusressorts. Ein kleines Märchen. Nur 20 Jahre zuvor waren die drei Brüder der Familie Gupta mit fast nichts in den Taschen aus Indien nach Südafrika ausgewandert, zwei Jahrzehnte später wurde die Heirat ihrer Nichte zum soziales Großereignis in Südafrika, eine millionenschwere Sause in Sun City, das früher einmal ein Symbol des Apartheidregimes war; der weißen Unterdrücker.

Heute feiert dort die neue Elite, Leute wie die Gupta-Brüder, die nach dem Ende der Apartheid unermesslich reich geworden sind. Der Anfang ihrer Erfolgsgeschichte war noch bescheiden, mit einer kleinen Klitsche für gebrauchte Computer. Heute gehören den Guptas Stahlwerke, Energiekonzerne und Beteiligungsgesellschaften - manche in Südafrika sagen, der ganze Staat. Weil sie sich die richtigen Freunde suchten, allen voran den heutigen Präsidenten Jacob Zuma. Dessen Sohn machte in einem Unternehmen der Guptas seine Ausbildung, leitete später einen Bereich. Die Guptas und die Zumas, sie verschmolzen mit dem Staat. Wenn dessen öffentliche Unternehmen Aufträge vergaben, waren beide Familien schnell zur Stelle, um sich ihren Anteil zu sichern. Selbst die Hochzeit in Sun City ließen sich die Guptas vom Staat bezahlen.

Die Journalisten der Organisation amaGhungane ("Die Mistkäfer") durchforsten seit Monaten mehr als 100 000 gehackte E-Mails, die selbst für südafrikanische Verhältnisse gewaltige Korruption belegen - und auch immer mehr europäische Unternehmer, die willfährige Helfer der Zumas und Guptas waren, werden nun mit in den Strudel des Skandals gezogen.

Vor einigen Wochen musste die britische PR-Firma Bell Pottinger bereits zugeben, für die Guptas die Drecksarbeit erledigt und im Netz zum Rassenhass aufgerufen zu haben. Bell Pottinger wurde aus dem Branchenverband ausgeschlossen, Großkunden verabschiedeten sich, der Firma droht der Bankrott. Derzeit steht die Wirtschaftsprüfgergesellschaft KPMG unter Beschuss, deren Boss zur Märchenhochzeit in Sun City eingeladen war und deren Prüfern nicht auffiel, dass die Guptas öffentliche Gelder, die eigentlich als Subventionen für eine ihrer Farmen gedacht waren, über dunkle Kanäle zur Begleichung der Hochzeitsrechnung umleiteten. Weil namhafte Wirtschaftsverbände zum Boykott von KPMG aufriefen, trat deren gesamte südafrikanische Führungsmannschaft zurück.

Auch deutsche Firmen sollen der Gupta-Familie Geld gezahlt haben

Andere internationale Unternehmen stehen vor ähnlichen Problemen. Die Opposition im südafrikanischen Parlament wirft der Beratungsfirma McKinsey vor, dabei geholfen zu haben, Millionen Euro vom staatlichen Energieversorger Eskom auf Konten von Freunden der Gupta-Familie umgeleitet zu haben. Auch deutsche Firmen sollen den Guptas Geld gezahlt haben. Der Softwaregigant SAP hat seine Führungsspitze in Südafrika bereits beurlaubt und eine Untersuchung angekündigt. SAP hatte einen Auftrag des staatlichen Transportkonzerns Transnet erhalten und soll dafür etwa sieben Millionen Euro Schmiergeld gezahlt haben, berichten südafrikanische Medien.

Das Geld soll SAP an die Firma CAD-House überwiesen haben, ein Unternehmen, das zu Teilen einem Sohn von Präsident Zuma und der Gupta-Familie gehört. SAP behauptete anfangs, dass CAD-House im Gegenzug Dienstleistungen erbracht habe, teilte aber nicht genau mit, worin diese bestanden. CAD-House hatte zuvor nur mit 3D-Druckern gehandelt und keinerlei Erfahrung im Software-Bereich.

Keine erkennbaren Konsequenzen gab es bisher bei Liebherr, dem oberschwäbischen Konzern, der mit einer Produktpalette von Kühlschränken bis Baumaschinen einen jährlichen Umsatz von etwa zehn Milliarden Euro erzielt. Auch Liebherr machte Geschäfte mit der staatlichen Transportgesellschaft Transnet, lieferte 22 große Kräne für den neuen Hafen Ngqura am indischen Ozean. Insgesamt soll Liebherr 4,2 Millionen Dollar Schmiergelder an die Gupta-Familie gezahlt haben, berichten die Journalisten von amaGhungane. Dafür habe Liebherr Kräne im Wert von 92 Millionen Dollar liefern können.

Der Konzern teile nach Bekanntwerden der Vorwürfe Mitte Juli mit, dass man die Hinweise untersuchen werde, und kündigte Ergebnisse innerhalb von einer Woche an. Südafrika-Chef Dieter Schmid behauptete, Liebherr habe keine "umfangreichen und direkten" Beziehungen zu den Guptas gehabt. Mittlerweile sind zwei Monate vergangenen, ohne Ergebnis. Man befinde sich derzeit in den "letzten Prüfschritten", teilte das Unternehmen mit; erst dann könne man sich zu den Vorwürfen äußern.

Liebherr hatte bisher ziemlich viel Glück in der Affäre, weil die zivilgesellschaftlichen Gruppen in Südafrika zuerst die bekannten Großunternehmen mit Boykottaufrufen zum Handeln zwangen. Dabei muss es allerdings auf Dauer nicht bleiben.

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