Sucht- und Drogenbericht:Schwieriger Kampf gegen das Komasaufen

Komasaufen gehört laut Drogenbericht für immer mehr deutsche Jugendliche zum Alltag. Doch gibt es auch positive Entwicklungen.

Jonas Reese

Strammen Schrittes geht Sabine Bätzing (SPD) die Stufen zum Saal der Bundespressekonferenz hoch. Lächelnd hält sie den Drogen- und Suchtbericht 2009 in die Kameras der Fotografen. 152 Seiten umfasst er dieses Mal. Aus der Sicht der Drogenbeauftragten Bätzing enthält ihr Arbeitsnachweis des vergangenen Jahres fast nur positive Ergebnisse. Allerdings nur fast - denn Komasaufen liegt bei Jugendlichen noch immer im Trend.

Sucht- und Drogenbericht: Die Drogenbauftragte Sabine Bätzing bei der Vorstellung des Sucht- und Drogenberichts 2009.

Die Drogenbauftragte Sabine Bätzing bei der Vorstellung des Sucht- und Drogenberichts 2009.

(Foto: Foto: dpa)

Gerade im Wahlkampf brauchen Politiker Erfolgsmeldungen - wohl auch deshalb macht Bätzing gleich zu Beginn deutlich: "Ja, wir haben viel erreicht." Damit meint die Drogenbeauftragte die Zahlen der Drogenaffinitätsstudie. Gerade beim Kampf gegen Drogenkonsum von Jugendlichen zwischen zehn und 17 Jahren gibt es laut Bätzing Fortschritte. Die Zahl der Jugendlichen, die Tabak, Alkohol und Cannabis konsumieren, ist rückläufig - wenn auch nur in geringem Maße.

Komasaufen immer noch weitverbreitet

Doch bei aller Freude über kleine Erfolge, weist der Drogenbericht auch auf eine alarmierende Entwicklung hin: Komasaufen ist bei Jugendlichen immer noch weitverbreitet, vor allem das sogenannte Binge-Drinking oder Rauschtrinken. Ungefähr jeder fünfte Jugendliche macht das laut Studie mindestens einmal im Monat.

Erschreckend ist auch die Zahl der Alkoholvergiftungen unter den Zehn- bis 20-Jährigen. Im vergangenen Jahr mussten insgesamt mehr als 23.000 Kinder und Jugendliche im Krankenhaus stationär behandelt werden. 2007 waren es noch 19.500. Seit der Ersterhebung im Jahr 2000 ist hier sogar eine Zunahme von fast 150 Prozent zu verzeichnen.

Die Ursache dafür sieht Bätzing unter anderem in der mangelnden Kontrolle des Jugendschutzgesetzes. Die Zusammenarbeit mit Suchthilfe, Suchtforschung und Behandlung funktioniere dagegen gut - anders als die Kooperation innerhalb der großen Koalition.

Hier bezog sich Bätzing vor allem auf das "Nationale Aktionsprogramm in der Tabak- und Alkoholprävention". Vorschläge des Nationalen Drogen- und Suchtrats, wie zum Beispiel das Werbeverbot der Tabakindustrie oder Zugangserschwernisse für Jugendliche, würden seit 2007 in der großen Koalition diskutiert - doch die im Juni 2008 gemeinsam verabschiedeten Entwürfe würden nun von CDU/CSU blockiert. Für Bätzing ein klarer Fall eines wirtschaftlichen und wahlkampftaktischen Manövers.

Neue Suchtgefahren

Das erste Mal berücksichtigt der Bericht auch Erhebungen zu einer ganz neuen Suchtform: der Online- und Computerspielsucht. Grund dafür ist sicherlich - neben Bätzings Einschätzung, wir würden eine "Generation Internet" werden - die jüngste Diskussion um den Zusammenhang zwischen Gewalt und Mediennutzung.

Die Studie schätzt drei bis sieben Prozent der Internetnutzer als "onlinesüchtig" ein. Übersetzt heißt das, zwischen 1,5 und drei Millionen Deutsche verbringen zwischen zehn bis 18 Stunden pro Tag mit Computerspielen oder Surfen im Netz. Noch mal so viele sind laut Bericht stark suchtgefährdet.

Konkrete Gegenmaßnahmen konnte Bätzing noch nicht vorstellen. Die Medienkompetenz der Kinder und Eltern solle verbessert werden - aber wie, ließ sie offen.

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