Subventionen:Am Ziel vorbei

Subventionen haben einen schlechten Ruf. Sie verzerren den Wettbewerb und schaden allen, sagen selbst die Politiker, die immer wieder neue Hilfen ersinnen.

Norbert Sturm

(SZ vom 16.5. 2003) - Trotz der Vorbehalte nehmen die Staatszuschüsse denn auch eher zu als ab. Der Bund hat für das laufende Jahr 22,83 Milliarden Euro Subventionen geplant, davon 7,95 Milliarden Euro als direkte Finanzhilfen. Der größere Rest entfällt auf Steuervergünstigungen. Sie schlagen beim Fiskus als Mindereinnahmen zu Buch.

Damit werden die im letzten Subventionsbericht von 2001 angedeuteten Sparziele verfehlt. Damals hieß es noch, dass die Bundeshilfen im Berichtszeitraum 1999 bis 2002 um 1,8 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro zurückgehen würden. Neuerdings zeigt die Kurve wieder nach oben.

Dieser Trend ist nur schwer zu brechen. Obwohl Parteien und Wirtschaft für einen Subventionsabbau votieren, scheitern Umsetzungsversuche am Egoismus der Empfänger. Keiner will mit gutem Beispiel vorangehen. Die Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD, Nordrhein-Westfalen) und Roland Koch (CDU, Hessen) plädieren deshalb für lineare Kürzungen nach der Rasenmähermethode.

Normalerweise ist das in der Finanzpolitik verpönt. Aber anders sind Kürzungen noch schwerer durchsetzbar. Die Diskussion über gute (erhaltenswerte) und schlechte (verzichtbare) Subventionen dreht sich seit Jahren im Kreis, weil Bewertungen nach dem Grad der Betroffenheit variieren.

Bayern favorisiert wegen seiner bäuerlichen Struktur Agrarhilfen, die andere Bundesländer geißeln. Dafür hält das Bergbauland Nordrhein-Westfalen an den umstrittenen Steinkohlesubventionen fest.

Spiel mit Zahlen

Der Mangel an Sparerfolgen hängt aber auch mit Definitionsproblemen zusammen. In den offiziellen Statistiken fehlen viele Zahlungen, weil sie vom Staat nicht als Hilfen, sondern als Öffentliche Aufgaben wegdefiniert werden. Beispielsweise tauchen Milliardenzahlungen an die Bahn in keinem Subventionsbericht auf.

Sie gelten als staatliche Verpflichtungen für den Infrastrukturbereich.

Auch nimmt der Bund Zuschüsse für aktive Arbeitsmarktpolitik, Zuwendungen an Krankenhäuser und Kindergärten oder Wohngeld nicht in die Liste auf.

Ähnliche Schwierigkeiten treten bei Zuschüssen von Ländern und Gemeinden auf. Dabei bringen deren Hilfen zweimal mehr auf die Waage als die des Bundes. Zusammen ergab das für das Jahr 2002 einen Subventionsbetrag von 58 Milliarden Euro.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft kommt auf eine dreimal höhere Summe. Wo immer der Staat sich in Aufgaben einmischt, die der Markt besser lösen kann, handelt es sich um eine Subvention, sagen die Kieler Ökonomen.

Nach deren Rechnung bezuschussen Bund, Länder und Gemeinden ihre Bürger und die Wirtschaft direkt oder indirekt jährlich mit 156 Milliarden Euro. Das sind 35 Prozent des Steueraufkommens oder 7,5 Prozent des deutschen Brutto- inlandsproduktes.

Die direkten Finanzhilfen sind dabei mit 116 Milliarden Euro fast dreimal größer als die indirekt wirkenden Steuererleichterungen, die beim Fiskus zu 40 Milliarden Euro Mindereinnahmen führen. Den größten Einzelposten bei den direkten Finanzhilfen macht der Steinkohlebergbau mit jährlich drei Milliarden Euro aus.

Die Wohnungswirtschaft erhält zwar einen sechsmal höheren Betrag, aber aus drei verschiedenen Töpfen. Dazu kommen 9,5 Milliarden Euro Steuervergünstigungen in Gestalt der Eigenheimzulage.

Den drittgrößten Posten der indirekten Hilfen bilden nach der Stromwirtschaft, die 3,2Milliarden Euro erhält, Lohnvorteile als Steuerbefreiungen von Nachtzuschlägen für Arbeitnehmer (zwei Milliarden Euro).

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