Stuttgart 21:Geißler hält Volksabstimmung für unrealistisch

Noch zwei Mal treffen sich Gegner und Befürworter des Projekts. Heiner Geißler kündigt einen Schlichterspruch an - erteilt aber einer Hoffnung der Gegner eine Absage.

D. Deckstein und M. Kotynek

Vor der letzten Schlichtungsrunde im Konflikt um Stuttgart 21 an diesem Samstag hat der Schlichter Heiner Geißler eine Volksabstimmung über das Bahnprojekt als unrealistisch bezeichnet. Prinzipiell sei ein Volksentscheid etwas Richtiges - und im konkreten Fall wäre ein solcher auch die einfachste Lösung, sagte Geißler.

"Doch bei Stuttgart 21 ist eine Volksabstimmung schwierig, wenn nicht gar unmöglich, weil dafür eine rechtliche Basis fehlt und der Landtag eine Volksabstimmung abgelehnt hat", sagte Geißler der Süddeutschen Zeitung. "Ich kann als Schlichter nichts vorschlagen, was unrealistisch ist."

SPD und Grüne fordern eine Volksabstimmung in Baden-Württemberg, um den Konflikt um das Bahnprojekt zu lösen. Die beiden Oppositionsparteien waren damit jedoch zunächst am Widerstand der Landtagsmehrheit aus CDU und FDP gescheitert. Bei der Landtagswahl im März treten SPD und Grüne mit dem Versprechen an, einen Volksentscheid einzuleiten.

Am kommenden Dienstag will Geißler seinen Schlichterspruch verkünden. Darin will der frühere CDU-Generalsekretär die Vor- und Nachteile von Stuttgart 21 und des Alternativkonzeptes der Gegner abwägen; diese wollen den bestehenden Kopfbahnhof beibehalten und sanieren. Dabei werde sein Spruch nichts mit Parteipolitik zu tun haben, kündigte Geißler an. "Mein Schlichterspruch wird einen Anteil daran haben, dass die Stadt hinterher schöner und besser ist, als das jetzt der Fall ist."

Dazu gehöre, dass jene Gleisflächen, die bei beiden Konzepten im Zentrum von Stuttgart frei würden, "dem Zugriff von Spekulanten entzogen werden müssen". Die Grundstücke müssten einer ökologischen Nutzung für Familien, für Sport und Freizeitaktivitäten offenstehen, sagte Geißler. Er zeigte sich auch offen gegenüber den Verbesserungsvorschlägen des Verkehrswissenschaftlers Gerhard Heimerl, auf den große Teile der ursprünglichen Planung zurückgehen. Dieser hatte jetzt für Stuttgart 21 zusätzliche Gleise und Weichen angeregt. "Die Verbesserungsvorschläge eines Vaters des Projektes sind wichtige Hinweise", sagte Geißler.

Sollte Heiner Geißler Änderungen an dem Bahnprojekt vorschlagen, werde die Landesregierung prüfen, "ob diese von den Beschlüssen des Planfeststellungsverfahrens gedeckt sind", sagte Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU). "Wir wollen den Schlichterspruch akzeptieren, wenn wir einen Weg sehen, das Projekt umzusetzen." Für Verbesserungen gilt jedoch eine Obergrenze von 500 Millionen Euro, hieß es in Regierungskreisen.

Beim vorletzten Schlichtungsgespräch am Freitag hatte die Kostenfrage im Mittelpunkt gestanden. Während die Befürworter von einem Gesamtpreis von knapp sieben Milliarden Euro ausgehen, befürchten die Gegner Steigerungen auf bis zu zwölf Milliarden Euro. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme kommen die von Geißler beauftragten Wirtschaftsprüfer zu dem Schluss, dass die für die Tieferlegung des Bahnhofs berechnete Höchstsumme von 4,5 Milliarden Euro plausibel sei. Nach heutigem Planungsstand "gibt es keine Hinweise, dass diese Summe nicht ausreicht", hieß es.

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