Stuttgart:Anschlag auf türkischen Verein

In der Nacht flogen Molotowcocktails: Die Brandstiftung im Gebäude der Ditib war möglicherweise politisch motiviert.

Vermummte haben das Gebäude eines türkisch-islamischen Vereins in Stuttgart in Brand gesteckt. Überwachungskameras hätten die vier Unbekannten aufgezeichnet, die in der Nacht zum Dienstag mit Steinen zwei Fensterscheiben eingeworfen und Molotowcocktails in die Räume geworfen haben, teilte die Polizei mit. Die Täter flüchteten unerkannt. Verletzt wurde bei dem Anschlag auf das Gebäude der Türkisch-Islamischen Union Ditib niemand. Die Ermittler schließen eine politisch motivierte Tat nicht aus.

Zuletzt hatte es im Südwesten immer wieder Anschläge auf muslimische Gebetshäuser und türkische Einrichtungen gegeben. Unklar ist jedoch, ob es bei dem aktuellen Fall einen fremdenfeindlichen Hintergrund oder einen Zusammenhang mit den Konflikten zwischen Türken und Kurden gibt. "Wir wissen nicht, welche Motive dahinterstehen", sagte der Vorstandsvorsitzende von Ditib in Württemberg, Erdinc Altuntas.

Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung haben jedoch Mitglieder des türkisch-islamischen Vereins die kurdische PKK im Verdacht. Sie habe am späten Samstagnachmittag vor dem Gemeindezentrum demonstriert, auch Vermummte seien beteiligt gewesen. Dabei seien Böller geworfen worden. Am Abend vor dem Anschlag gab es vor dem türkischen Konsulat in Stuttgart eine spontane Demonstration von 25 Kurden. Sie richtete sich gegen Angriffe auf Kurden in der Türkei.

"Das schürt natürlich gewisse Ängste bei den Muslimen", sagt Württembergs Ditib-Chef

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte am Dienstag: "Sowas sind abscheuliche Taten", die er nur "mit aller Schärfe" verurteilen könne. Man werde alles tun, um die Täter zu ermitteln. Ditib verurteilte den Angriff. "Wir verabscheuen diese Art von Anschlägen", sagte Altuntas. Politik, Gesellschaft und Religionsgemeinschaften seien gefordert, Gewalttaten einen Riegel vorzuschieben. "Das schürt natürlich gewisse Ängste bei den Muslimen."

Die Ditib, eine seit 1984 bestehende Organisation, ist Dachverband der türkisch-islamischen Vereine. Er gilt als gemäßigt orthodox und stark von der staatlichen Religionsbehörde der Türkei beeinflusst. Altuntas zufolge hat er im Südwesten rund 30 000 eingeschriebene Mitglieder, erreicht aber insgesamt rund 120 000 Muslime. Die Polizei schätzte den Schaden zunächst auf rund 80 000 Euro.

Anwohner hatten in den Nachtstunden beobachtet, wie die Flammen durch ein zuvor eingeschlagenes Schaufenster des Geschäfts schlugen. Die Feuerwehr rückte mit mehreren Löschzügen an und konnte den Brand schnell unter Kontrolle bringen. Das Gebäude in einem Gewerbegebiet im Stadtteil Feuerbach war stark verraucht. Zwei Menschen konnten den Komplex unverletzt noch vor Eintreffen der Feuerwehr verlassen.

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