Studenten:Integriert wohnen

Sie kochen zusammen, spielen gemeinsam Fußball, und einige lernen sogar neue Fremdsprachen: Wohnungslose Studenten der Uni in Lüneburg beziehen frei gewordene Zimmer in einem Flüchtlingsheim - und profitieren doppelt.

Von Peter Burghardt

Auch bei Studenten ist Lüneburg beliebt: schöne Stadt, gute Universität (Leuphana), nah an Hamburg - mehr als 9000 Studierende waren im vergangenen Wintersemester gemeldet. Bei 75 000 Einwohnern eine ganze Menge. Es gibt da wie in anderen Unistädten ein kleines Problem: Wie eine halbwegs bezahlbare Bleibe finden, wenn die Mieten immer weiter steigen und die Bewerber Schlange stehen? Einige Verzweifelte wurden nun an einem Ort fündig, an dem sie ohne dieses überraschende Angebot wohl kaum gesucht hätten: in einer Flüchtlingsunterkunft.

In Rettmer im Süden der Stadt wohnen bereits zwölf ausgewählte Aspiranten in einem Containerdorf, bald dürfen 30 weitere Studenten in ein gemauertes Quartier für Asylbewerber im Stadtteil Oedeme einziehen. Entstanden waren die Anlagen wie so viele, als vor allem im vergangenen Jahr Hunderttausende Schutzbedürftige nach Deutschland kamen. Ungefähr 2000 von ihnen leben noch in Lüneburg, die meisten davon wurden inzwischen dezentral untergebracht, 717 Migranten warten nach neuen Zahlen noch in diesen Gemeinschaftseinrichtungen auf die Bearbeitung ihrer Fälle. Doch die Lage hat sich unterdessen derart entspannt, dass Platz frei wurde, der jetzt mit Bedürftigen aus der Hochschulszene gefüllt wird. Das sei "eine Win-Win-Win-Situation", findet der städtische Sprecher Daniel Gritz. Die Idee helfe der Stadt, den Studenten und auch den Flüchtlingen.

Denn wer sich dort für zunächst ein halbes Jahr in Rettmer und demnächst für ein Jahr in Oedeme niederlässt, der sollte die Nachbarn aus Syrien oder Afghanistan schätzen und nach Möglichkeit unterstützen. Außerdem stammen viele der wohnungssuchenden jungen Leute selbst aus der Ferne.

Für die ersten zwölf Angebote meldeten sich auf die Ausschreibung des Studentenausschusses AStA etliche Interessenten, die Zimmer mit ihren je 15 bis 16 Quadratmetern kosten 150 Euro, die nächsten etwa 250 Euro pro Monat, warm. "Ein Pilotprojekt", sagt Gritz. Und möglicherweise Vorbild für andere Städte, in denen die Camps ebenfalls halb leer stehen. In Lüneburg-Rettmer, so heißt es, spielen Studenten mit Flüchtlingen Fußball, kochen und helfen. Manche entdecken offenbar schon eine neue Fremdsprache: Arabisch.

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