Strucks Sparpläne:Aufatmen bei der Rüstungsindustrie

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Die Sparpläne von Bundesverteidigungsminister Peter Struck bei der Rüstung sind von Wirtschaftsverbänden teilweise kritisiert worden. Die Unternehmen reagierten erleichtert, da Struck keine schmerzhaften Einschnitte in die großen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr angekündigt hat.

Von Sibylle Haas und Cornelia Knust

"Wir haben Stabilität im Programm, das ist das Wichtigste", sagte ein Sprecher des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Struck bestätigte die Stückzahlen für den Militärhubschrauber NH90. Auch beim Luftkampfhubschrauber Tiger bleibt die Planung unverändert, einschließlich der Ausrüstung mit der Lenkwaffe Pars3, deren Entwicklung gerade bei der EADS-Gesellschaft für Lenkflugkörper (LfK) läuft. Die EADS LfK profitiert auch von Strucks Ja zum Luftverteidigungssystem Meads; dieses milliardenschwere Projekt von Deutschland, Italien (Alenia Marconi) und den USA (Lockheed Martin) wird als erste transatlantische Technologie-Kooperation im Rüstungssektor bezeichnet.

Vorrang für Struck hat zudem das luftgestützte Bodenaufklärungssystem AGS (Alliance Ground Surveillance), das von sechs Nato-Partnern vorangetrieben wird und an dem auf deutscher Seite EADS beteiligt ist. Auch die Bestellungen für das Kampfflugzeug Eurofighter und die Verträge für das Transportflugzeug A400M bleiben unverändert. Lob für Struck kam auch von den beiden deutschen Heereslieferanten Krauss Maffei in München und Rheinmetall in Düsseldorf.

Lob aus der Rüstungsindustrie

"Beim Anheben der Investitionsquote der Bundeswehr auf 30 Prozent, die Herr Struck ja ausdrücklich genannt hat, handelt es sich um etwas, was die Industrie immer gefordert hat", sagte ein Rheinmetall-Sprecher. Für beide Konzerne ist die wichtigste Nachricht, dass der Minister an 410 Bestellungen für den Schützenpanzer Puma festhalten will, der den Marder ersetzen soll. Sogar die vage Aussage zum Radpanzer GTK, der Bedarf sei noch abschließend festzulegen, nehmen sie als Bestätigung für den Fortbestand des Projekts. "Wir sehen keinen Anlass für eine Änderung unserer Planungen", heißt es bei Rheinmetall.

Der Geschäftsführer des Ausschusses Verteidigungswirtschaft beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Helmut Harff, beurteilt Strucks Sparpläne skeptischer. Die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Rüstungsindustrie sei bedroht, sagte Harff. Dies gelte vor allem für Landsysteme, wie gepanzerte Fahrzeuge und Munition. Auch wenn nationale Aufträge etwa bei Kriegsschiffen ausblieben, erschwere dies deren Exportchancen, sagte Harff. Immerhin seien etwa 75 Prozent der deutschen Kriegsschiff-Produktion von Aufträgen aus dem Ausland abhängig.

In einem kürzlich vorgelegten Positionspapier fordert der BDI, die "deutsche Exportungerechtigkeit" zu beenden, sonst würden Deutschlands Technologie und Arbeitsplätze weiter nach Frankreich und Großbritannien abwandern. Nach der Wiedervereinigung habe es in der deutschen Rüstungsindustrie noch gut 400000 Beschäftigte gegeben, davon seien heute nur noch knapp 80000 übrig, sagte Harff.

BDI fordert europäische Lösung im Rüstungsexport

Die Bundesrepublik solle den nationalen Alleingang im Rüstungsexport beenden und gemeinsam mit den Partnerländern europäische Lösungen suchen, verlangt der BDI. Bei der technologischen Entwicklung ist Deutschland nach Harffs Worten bereits ins Hintertreffen geraten, da sie seit Jahren der Wehrforschung das Geld kürze. Zudem liege die Bundesrepublik mit den Verteidigungsausgaben im unteren Drittel der Nato-Staaten. Nach Angaben der Allianz waren 2002 die deutschen Verteidungsaufwendungen mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 1,5 Prozent deutlich niedriger als in Großbritannien (2,4 Prozent), Frankreich (2,5 Prozent) und den USA (3,3 Prozent).

Auch der Geschäftsführer des Fachverbands Wehrtechnik im Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie, Peter Vondung, warnte vor einem Verlust technologischer Fähigkeiten. Deutschland laufe Gefahr, zu einer Käufernation zu werden, sagte Vondung. Eine stärkere Konzentration auf Forschungs- und Technologie-Ausgaben forderte auch der Präsidial-Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), Hans-Joachim Gante. Positiv schätzte er die angekündigten Reformschritte und die Modernisierung der Bundeswehr ein.

© SZ vom 14. Januar 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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