Streubomben-Verbot:Waffen mit politischem Preis

Der Bann für Streubomben ist ein Fortschritt, weil er die Empörung über deren Einsatz vergrößert. Auch wenn die wichtigsten Anwender der Waffen bislang nicht hinter dem Abkommen stehen.

Paul-Anton Krüger

Das Ergebnis der Streubomben-Konferenz in Dublin ist, was nicht überraschen kann, ein Kompromiss; einer jedoch, mit dem sich etwas anfangen lässt. Mehr als 100 Staaten haben sich auf ein Verbot dieser heimtückischen Waffen geeinigt.

Der Bann ist schärfer ausgefallen, als es noch vor zehn Tagen zu erwarten war, und es wird auch keine Übergangsfristen geben. Die Bundesregierung bejubelt die Einigung als "Meilenstein bei der Entwicklung des humanitären Völkerrechts". Ein wenig geheuchelt ist das schon, denn zusammen mit den Nato-Verbündeten hat Berlin zwei Ausnahmeregeln durchgesetzt, die Kritikern als die wesentlichen Schwachpunkte der Konvention gelten: Technisch fortgeschrittene Munition, die punktgenau treffen soll, bleibt erlaubt; ebenso die Kooperation mit Streitkräften, die Streubomben einsetzen - ein Zugeständnis an die USA.

Diese Abstriche hinzunehmen ist es wert, denn nur so ließ sich eine kritische Masse von Staaten hinter dem Verbot versammeln. Denn je mehr Staaten bereit sind, Streubomben als völkerrechtswidrig und grausam zu ächten, desto höher wird der politische Preis für ihren Einsatz. Das ist für die tatsächliche Bann-Wirkung der Konvention entscheidend, denn die wichtigsten Produzenten und Anwender von Streumunition stehen bislang nicht hinter dem Abkommen, sie waren erst gar nicht nach Dublin gekommen. Das sind die USA, Russland, Israel, Indien, Pakistan und China.

Israel beispielsweise hat zwar die internationale Empörung an sich abperlen lassen, die das Land traf, nachdem es 2006 zum Ende des Sommerkriegs den Südlibanon mit Millionen von Sprengsätzen bestreute. Dennoch war der Image-Schaden enorm. Israel ignorierte dies. Aber in den Kriegen des 21. Jahrhunderts geht es nicht zuletzt um Ansehen, Glaubwürdigkeit und politische Legitimität. Die USA betonen inzwischen den "Kampf um die Herzen und Köpfe", sei es im Irak oder in Afghanistan. Und Opfer unter Zivilisten spielen dabei dem Gegner in die Hände. Das ist, auch wenn es zynisch klingt, eine Lehre aus den neuen Kriegen.

Schon als 1997 Anti-Personen-Minen verboten wurden, lehnten die Hauptproduzenten den Beitritt zu dem Abkommen ab. Eingesetzt wurden diese Waffen seither trotzdem nur noch sehr selten. Deutschland sollte im Zuge der seit Jahren blockierten UN-Abrüstungsgespräche in Genf versuchen, unwillige Partner zu überzeugen, sich dem Ergebnis von Dublin anzuschließen und auf Streubomben zu verzichten.

So viel sich auch lamentieren lässt über die Lücken des Verbots und darüber, dass wichtige Staaten die Unterschrift verweigern - die Konvention hat noch eine andere Bedeutung: Sie verpflichtet Unterzeichner zur gegenseitigen Hilfe, technisch und finanziell, bei der Räumung der Blindgänger und bei der Versorgung tausender Streubombenopfer. Hier könnte die Bundesregierung auch eine Führungsrolle spielen, dann würde sich ihr Jubel über das Abkommen noch besser anhören.

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