Streitschlichtung zwischen Union und FDP:Vor dem Koalitionsgipfel regiert die Skepsis

Vor allem um das Betreuungsgeld wird in der Koaltion heftig gerangelt. Nun wollen Union und FDP ihren Zwist beim Koalitionsgipfel am Sonntag endlich beilegen. Doch Finanzminister Schäuble reist lieber zum G-20-Gipfel nach Mexiko. Haushaltspolitiker sind entsetzt.

Peter Blechschmidt, Claus Hulverscheidt, Berlin, und Mike Szymanski

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Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler werden hart verhandeln.

(Foto: dpa)

CDU, CSU und FDP wollen bei einer Sitzung des Koalitionsausschusses am Sonntagabend einen großen Teil ihrer seit Monaten schwelenden Streitigkeiten beilegen. In zentralen Fragen wie der Sanierung des Bundeshaushalts, der Besserstellung von Beziehern kleiner Renten, der Praxisgebühr und dem Betreuungsgeld hatten Parteiexperten bis Freitagabend aber noch keine Lösungen gefunden. Unionsfraktionschef Volker Kauder kündigte im Gespräch mit den Zeitungen der WAZ-Gruppe bereits an, dass das Betreuungsgeld nicht im Januar, sondern frühestens im April 2013 eingeführt werden könne.

Führende Koalitionspolitiker dämpften bereits die Erwartungen an das Spitzentreffen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte zwar, man werde sich in den Kernfragen einigen. Er betonte aber zugleich: "Ob das schon am Sonntag alles gelingt oder in den nächsten Wochen, wird sich zeigen."

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Donnerstag erklärt, man werde "die Entscheidungen so fällen, wie sie notwendig sind". Details würden "zu gegebener Zeit" besprochen. CSU-Chef Horst Seehofer sagte hingegen der Süddeutschen Zeitung, alle Beteiligten wüssten, "wie wichtig dieser Termin für die Koalition ist". Das Regierungsbündnis könne am Sonntag unter Beweis stellen, dass es handlungsfähig sei.

Es könnte eine lange Nacht werden

Genau daran hatte es zuletzt Zweifel gegeben, da Union und FDP etwa über das Betreuungsgeld schon seit vielen Monaten erbittert streiten. Ursprünglich hatten die drei Parteivorsitzenden Merkel, Seehofer und Philipp Rösler (FDP) vorgehabt, die strittigen Fragen bereits vor dem Treffen am Sonntag zu klären.

Nun aber deutet einiges darauf hin, dass es eine lange Nacht werden könnte. Dafür spricht neben den vielen offenen Punkten auch die Tatsache, dass neben den "großen drei" nun doch auch die Fraktionsvorsitzenden, die Parlamentarischen Geschäftsführer und die Generalsekretäre dabei sind.

Andererseits sind endgültige Vereinbarungen kaum möglich, weil Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht an den Beratungen teilnehmen will. Sein Entschluss, dem Koalitionsausschuss fernzubleiben und stattdessen zum G-20-Treffen nach Mexiko zu reisen, sorgte bereits vor dem Koalitionsgipfel für Unmut.

Kritiker befürchten teure Wahlgeschenke

Vor allem Haushaltspolitiker aus Union und FDP sind entsetzt: Sie fürchten, dass die Spitzenrunde um des lieben Friedens willen eine Reihe teurer Wahlgeschenke beschließen könnte. So will etwa die CSU erreichen, dass der Bund seine Verkehrsinvestitionen um eine Milliarde Euro aufstockt.

Schäuble setze entweder die falschen Prioritäten oder habe sich schon mit Mehrausgaben in Milliardenhöhe abgefunden, hieß es sowohl in Kreisen der Haushaltspolitiker als auch innerhalb der Regierung. Dass die Mexiko-Reise nicht unverzichtbar sei, zeige die Tatsache, dass auch der französische Finanzminister Pierre Moscovici daheim bleibe.

Es spreche im Übrigen Bände, dass das Kanzleramt nicht auf eine Teilnahme Schäubles am Koalitionsausschuss bestanden habe. Offenbar sei Merkel die Teilnahme ihres Finanzministers nicht wichtig.

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