Streit zwischen Linken und Grünen:Krim-Krise spaltet die Opposition

Die Grünen seien verwelkt und bewegten sich am rechten Rand - bei der Diskussion über den Umgang mit der Ukraine schlägt die Linke auf ihren Oppositionspartner ein. Und die Grünen? Die staunen und grausen sich.

Von Constanze von Bullion und Stefan Braun, Berlin

Es hätte alles so schön werden können zwischen der Linkspartei und den Grünen. Zusammenrücken hätten sie im Bundestag können, wenigstens ein bisschen, um schon mal zu üben für Rot-Rot-Grün und um gemeinsam Druck gegen die Koalition aufzubauen. Druck gibt es jetzt tatsächlich, wenn auch anderen. Die Linken streiten mit den Grünen über die Ukraine, auch innerhalb der Linken droht der Krim-Krieg auszubrechen. Und wenn die Kanzlerin an diesem Donnerstag eine Regierungserklärung zur Ukraine abgibt, wird die Opposition nicht geschlossen auftreten.

Eine Kostprobe der Wut, mit der die Kleinparteien aufeinander losgehen, vor allem Linke auf Grüne, gab am Mittwoch Sahra Wagenknecht. Bei einem Pressefrühstück geißelte die Vize-Fraktionschefin der Linken die Mission von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Kiew. Er betreibe "eine zutiefst heuchlerische Außenpolitik", habe einer illegitimen Regierung den Boden bereitet und "Schiffbruch erlitten". Dann nahm Wagenknecht die Grünen ins Visier, denen sie "Blindheit für die faschistischen Teile" der neuen Regierung in Kiew vorhielt. Sie hätten den Aufstand auf dem Maidan als pro-europäische Freiheitsbewegung glorifiziert, "Neofaschisten und Antisemiten" ausgeblendet, eine "mehr als fragwürdige Haltung" bewiesen.

Für die Reaktionen Moskaus fand Wagenknecht erstaunlich verständnisvolle Worte, fanden Journalisten in der Runde, die Widerworte gaben. Wagenknecht beeindruckte das offenbar wenig. Ja, das russische Vorgehen auf der Krim verstoße gegen Völkerrecht. Man müsse aber Verständnis für die Ängste der Russen haben, die einen Nato-Beitritt der Ukraine befürchten müssten. Wenn die Russen auf der Krim für den Anschluss an Russland stimmten, sei das zu akzeptieren. Bei einer militärischen Intervention des Westens dagegen drohe der "Dritte Weltkrieg".

Ein Sprecher der Fraktion war danach bemüht, die Wogen zu glätten. Wagenknecht habe nur vorgetragen, was in der Linken Konsens sei, sagte er. Beim Thema Ukraine passe zwischen die Parteiströmungen "kein Blatt", und die grüne Außenpolitik, nun ja, unterscheide sich von der linken eben "etwas".

Das war die höfliche Umschreibung eines hässlichen Zerwürfnisses. Es begann mit der linken Abgeordneten Sevim Dagdelen, die auf Twitter über "diese verwelkten Grünen" schimpfte. Diese würden "die Faschisten in der Ukraine verharmlosen". Zum Dank warf ein Grüner der Linken ein "gestörtes Verhältnis zur Freiheit" vor. Auch innerhalb der Linken kracht es. Die Innenpolitikerin Ulla Jelpke schrieb in der Jungen Welt, der Umsturz in Kiew sei eine "Tragödie", bei der die Parteiführung "viel zu leise Töne" anschlage. Linksaußen Wolfgang Gehrcke gab im ZDF zum Besten, Putin habe sich "maßvoll" verhalten. Die "Bellizisten" seien die Grünen, die jede Kooperation mit Russland ablehnten und sich am "rechten Rand des Bundestags" befänden.

Dafür bekam Gehrcke von Gregor Gysi einen Rüffel, der betonte, das mit dem rechten Rand würde er "so nicht sagen". Aber man wisse ja, wie das so sei in Interviews: "Man verplappert sich auch." Gysi versuchte, den internen Konflikt mit einem Verweis auf den Westen zu kitten. Der sei es doch gewesen, der immer wieder selbst das Völkerrecht gebrochen habe, in Serbien und in Afghanistan. Da sei "die Büchse der Pandora" geöffnet worden.

Und die Grünen? Die staunen und grausen sich, seitdem sie mit den Angriffen der Linken konfrontiert sind. Es gebe keine "Koalition in der Opposition", sagt Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann - und man sieht ihr an, dass sie das in diesem Fall sehr ernst meint. Angriffe wie die von Dagdelen und Gehrcke, haben heftige Narben hinterlassen, nicht ohne Grund erinnern die Grünen immer wieder daran, dass sie oft über die ambivalente Geschichte der Opposition in Kiew diskutiert haben. "Es interessiert mich nicht, was Frau Dagdelen twittert oder ein Herr Gehrcke im ZDF sagt", setzt Haßelmann hinzu.

Damit zeigt sie, wie genau die Grünen den Streit mit und bei der Linken verfolgen - und wie sehr sich die Grünen verletzt fühlen von dem Vorwurf, undifferenziert zu agieren. "Unsere Reden im Bundestag belegen, dass wir genau hinsehen", sagt Haßelmann zum Abschluss. Die Wunden, die die Linken derzeit schlagen, werden wohl lange bleiben.

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