Streit unter den Republikanern:Trump überwirft sich mit der Tea Party

  • Mit einem neuen Tweet macht sich Donald Trump die ultrakonservative Tea-Party-Bewegung unter den Republikanern zum Gegner.
  • Trump will diese genauso bekämpfen wie die Demokraten.
  • Der Streit könnte seine Pläne gefährden.

Von Thorsten Denkler, New York

Mark Meckler ist nicht irgendwer unter den Hardcore-Konservativen in den USA. Er ist Mitbegründer der Tea Party Patriots innerhalb der mächtigen Tea-Party-Bewegung. Seine neue Plattform Citizens for Self Governance, sinngemäß etwa "Bürger für Selbstverwaltung", wird von mehr als zwei Millionen konservativen Aktivisten unterstützt. Er gehört zu den Herzschrittmachern jener Bewegung, die Donald Trump letztlich ins Weiße Haus brachte.

Doch jetzt ist Mark Meckler enttäuscht von Trump. Obwohl, enttäuscht, das wäre zu milde. Er sei "angeekelt" vom Präsidenten, sagt Meckler. Mehr noch: "Der Mann, der versprochen hat, den Sumpf in Washington trockenzulegen, scheint jetzt die 'Creature from the Black Lagoon' zu sein." Gemeint ist das schleimig-grüne Monster aus dem gleichnamigen US-Horrorfilm-Klassiker von 1954. In Deutschland bekannt als "Der Schrecken vom Amazonas".

Den Mann so in Rage gebracht hat ein Tweet des Präsidenten am Washingtoner Donnerstagmorgen. Da schreibt @realDonaldTrump, frei übersetzt, über die Parlamentariergruppe Freedom Caucus, diese werde noch die gesamte republikanische Agenda "in Gefahr bringen, wenn sie nicht bald im Team spielen". Und: "Wir müssen sie bekämpfen." Genau wie die Demokraten. Das Schlachtfeld nennt Trump auch: die Halbzeitwahlen 2018, wenn das Repräsentantenhaus neu gewählt wird.

Der Freedom Caucus ist so etwas wie der parlamentarische Arm der Tea Party

Der Freedom Caucus ist eine Gruppe von etwa 30 sehr konservativen Abgeordneten der Republikaner im Repräsentantenhaus. Sie sind so etwas wie der parlamentarische Arm der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung.

Vergangenen Freitag haben sie die Krankenversicherungspläne von Donald Trump zu Fall gebracht. Sie waren nicht bereit, dem "American Health Care Act of 2017" zuzustimmen, mit dem Trump das Obamacare-System seines Vorgängers abschaffen und ersetzen wollte. Sie wollten nur abschaffen. Und nicht ersetzen.

An jenem Freitag noch hatte Trump diese Truppe als "meine Freunde" bezeichnet. Und alles auf die Demokraten geschoben, von denen "nicht einer" bereit gewesen sei, für sein Gesetz zu stimmen. Am Sonntag nach dem schwarzen Freitag war dann Schluss mit lustig. Trump twitterte: "Die Demokraten lächeln in Washington", weil der Freedom Caucus die verhasste Obamacare gerettet habe.

Mit seinem neuesten Tweet erklärt Trump den ganz Rechten den Krieg

Jetzt setzte er dem noch einen drauf. Mit seinem neuesten Tweet erklärt er dem Freedom Caucus den Krieg. Und mit ihm all jenen Konservativen von ganz rechts, die Trump im Wahlkampf so massiv unterstützt haben.

Wie er diesen Kampf gewinnen will, ist völlig unklar. Die meisten Mitglieder des Freedom Caucus haben ihre Mandate in sicheren Republikaner-Wahlkreisen gewonnen. Sie müssen sich also keine Sorge machen, 2018 nicht wiedergewählt zu werden. Trump müsste schon eine Armada von Gegenkandidaten aufstellen, die die unliebsamen Amtsinhaber ausknocken.

Für Trumps Verärgerung gibt es ein paar gute Gründe: Der Freedom Caucus, angeführt vom erzkonservativen Mark Meadows, war zu keinem Kompromiss bereit. Sein Ziel war es, die gesetzliche Krankenversicherung insgesamt abzuschaffen. Nicht, Obamacare durch irgendetwas zu ersetzen, das im Prinzip in dieselbe Richtung geht. Nämlich staatliche Unterstützung für Bedürftige, damit diese sich eine Krankenversicherung leisten können.

Trump hatte sich verkalkuliert. In mehreren Treffen hat er versucht, den Freedom Caucus auf seine Seite zu holen. Er hat im Vorfeld der Abstimmung massiven Druck aufgebaut. Es werde nur diese eine Chance geben, Obamacare abzuschaffen, sagte er, also stimmt für das Gesetz. Einzelnen drohte er, er werde hinter ihnen her sein, wenn sie nicht für das Gesetz stimmten. Der Druck hat Meadows und seine Leute kalt gelassen.

Seine Angriffe könnten die Gruppe jetzt noch enger zusammenschweißen. Denn die Erzkonservativen wissen, dass Trump sie braucht, um seine Agenda durchzubringen. Als Nächstes steht der US-Haushalt an. Es bleiben nur noch wenige Tage, um ihn durch das Repräsentantenhaus zu bringen. Wenn nicht, dann droht der "shutdown", das Herunterfahren des Regierungsapparates. Es darf dann kein Geld mehr ausgegeben werden, wenn es nicht dringend nötig ist. Auch hier wird ohne den Freedom Caucus keine republikanische Mehrheit zusammenkommen, ohne sie wären die Republikaner auf die Unterstützung von Demokraten im Repräsentantenhaus angewiesen.

Trump könnte anfangen, mit den Demokraten zu verhandeln

Der Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Speaker Paul Ryan, warnt schon mal vorsorglich, Trump könnte früher oder später damit anfangen, eher mit willigen Demokraten zu verhandeln als mit den eigenen Leuten. "Ich will das nicht", sagt Ryan und fordert die Republikaner zur Einigkeit auf.

Die Leute vom Freedom Caucus fühlen sich von Trump allerdings falsch verstanden: Der Abgeordnete Jim Jordan sagte etwa, dem Bruch mit Trump in Sachen Krankenversicherung lägen echte politische Bedenken zugrunde. Loyalitätsverweigerung sei das nicht.

Ein Einwand, für den Trump kaum Verständnis haben dürfte. Und das nicht nur, weil er sich um die inhaltlichen Details des Gesetzes gar nicht gekümmert hat, wie Beobachter schreiben. Wer nicht für ihn ist, ist ein Gegner. Das gilt für Medien, für die politische Konkurrenz. Und jetzt auch für Teile der eigenen Partei.

Die Hardliner unter den Republikanern scheinen den Fehdehandschuh aufzunehmen, den Trump ihnen hingeworfen hat.

Michael Flynn Junior, ein konservativer Aktivist, fragt auf Twitter: "Warum sitzt Trump mit den Establishment-Republikanern herum?" Und dann in großen Lettern: "NOT WHAT WE VOTED FOR", dafür haben wir ihn nicht gewählt. Flynn Junior ist der Sohn von Michael Flynn, Trumps früherem Nationalen Sicherheitsberater, den er wegen überraschender Kontakte zu russischen Regierungsvertretern gefeuert hat.

Thomas Massie, republikanischer Abgeordneter und dem Freedom Caucus wohlgesonnen, twitterte im Trump-Stil: "Es ist ein Sumpf, keine heiße Badewanne." Beide Seiten seien gekommen, diesen trockenzulegen. Nur 17 Prozent der Amerikaner seien in Umfragen für Trumps "#SwampCare". "Sad!", traurig, schreibt Massie. Er meint das ironisch. Drain the Swamp, den Sumpf trockenlegen, auch das gehörte zu den großen Wahlversprechen von Donald Trump.

Der Abgeordnete und Trump-Kritiker Justin Amash twittert, Trump habe gezeigt, dass er jetzt auch zu jenem Washingtoner Establishment gehöre, gegen das Trump im Wahlkampf stets so gewettert habe. "Es hat nicht lange gedauert, bis der Sumpf @realDonaldTrump ausgetrocknet hat", twitterte Amash. "Sie müssen sich nicht schämen, Mr. President", schreibt Amash weiter, "beinahe jeder erliegt irgendwann dem Washingtoner Establishment".

In dem Tweet steckt große Gemeinheit. Amash erklärt Trump damit zum blutigen Anfänger, der es nicht schafft, seinen Prinzipien treu zu bleiben. Ein Grund mehr für Trump, den Freedom Caucus immer mehr zu hassen.

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