Streit um Steinbach:Eitle Provokateurin

Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach ist längst nicht mehr auf Versöhnung aus. Sie will in den Stiftungsrat. Um jeden Preis.

Thorsten Denkler

Frau Steinbach müsste mit provokanten Vergleichen eigentlich umgehen können. Die Chefin des Bundes der Vertriebenen (BdV) ist selbst eine Meisterin darin.

Streit um Steinbach: În Polen gilt Steinbach als "das personifizierte Böse".

În Polen gilt Steinbach als "das personifizierte Böse".

(Foto: Foto: ddp)

"Wer sagt, wegen Hitler muss man Verständnis für die Vertreibungen haben, der folgt dem Prinzip der sizilianischen Blutrache", ist so ein Vergleich. Oder: "Die Vertriebenen haben Anrecht auf eine pflegliche Behandlung, wie alle anderen Opfer auch." Wie alle anderen Opfer auch.

Es mag vielleicht einen Unterschied geben zwischen der Ermordung von sechs Millionen Juden und dem Schicksal der Vertriebenen. In Steinbachs Welt ist das nicht so sicher.

Geradezu wehleidig klingt es da, wenn Erika Steinbach den Schutz von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier einfordert. Der polnische Deutschland-Beauftragte Wladyslaw Bartoszewski hatte gesagt, eine Entsendung Steinbachs in den Rat der Stiftung gegen Vertreibung sei so, als wenn der Vatikan den Holocaust-Leugner Richard Williamson zum Israel-Beauftragten ernennen würde.

Auch dieser Vergleich hinkt, keine Frage. Aber Steinbach ist in diesen Tagen des Streits um die Besetzung des Stiftungsrates für das Vertriebenenzentrum des Bundes die Letzte, die Schutz beanspruchen könnte. Zu sehr hat sie selbst provoziert.

Der Streit um das von ihr initiierte Zentrum gegen Vertreibung war im Grunde schon beigelegt. Die polnische Regierung hatte ihren Widerstand gegen das Zentrum aufgegeben, das sie zuvor immer als Affront angesehen hatte. Sie hatte befürchtet, die Deutschen würden versuchen, die Geschichte zu relativieren, die Vertreibung als singuläres Ereignis darzustellen und nicht als den Endpunkt einer Geschichte, die mit Hitler begonnen hatte.

Es bedurfte hartnäckiger Diplomatie, um mögliche Missverständnisse auszuräumen. Das Zentrum soll nun in einem nüchternen Bürogebäude in Berlin untergebracht werden. Es wird dem Deutschen Historischen Museum untergeordnet und damit auch kontrolliert. Und für die Dauerausstellung wird die im Bonner Haus der Geschichte gezeigte Ausstellung "Flucht, Vertreibung, Integration" ausgebaut, die auch in Polen auf Wohlwollen gestoßen ist.

Nicht zuletzt war Teil der informellen Einigung, dass Erika Steinbach nicht im Stiftungsrat vertreten sein solle. Sie gilt in Polen inzwischen "als das personifizierte Böse", wie eine polnische Zeitung einmal schrieb. Ob zu Recht, sei dahingestellt.

Der Fehler war offenbar, dem Bund der Vertriebenen drei Posten im Stiftungsrat zuzubilligen, die er nach eigenem Gutdünken besetzen sollte. Oder besser: Es wäre kein Fehler gewesen, hätte sich der BdV verantwortlich verhalten. Dann hätte er anerkannte Experten, gerne auch aus den eigenen Reihen, in den Stiftungsrat entsendet. Mit der Nominierung Steinbachs aber ist der Streit wieder aufgebrochen.

Der Bund der Vertriebenen könne sich nicht vorschreiben lassen, wen er benennt, ließ Steinbach wissen. Das ist schon richtig. Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Vorschlagsrecht aber konnte zumindest erwartet werden.

Steinbach hatte erklärt, sie sei ja zum Rückzug bereit gewesen, ihr Verband habe sie aber gedrängt, weiterzumachen. Was für eine fadenscheinige Begründung! Wenn sie wirklich zurückziehen wollte, hätte sie niemand daran hindern können. So wie sie sich verhält, kann es nicht einmal mehr ihr Ziel sein, sich Gesicht wahrend aus der Affäre zu ziehen.

Sie will die Konfrontation. Um jeden Preis. Die Stiftung gibt es nur mit ihr oder gar nicht. Keiner hat das deutlicher formuliert als der Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt (CSU). Sollte Steinbach keinen Sitz im Stiftungsrat bekommen, "dann wäre es besser, wir lassen die Bundesstiftung und machen etwas Eigenes", sagte er.

Eines der Ziele des Zentrums sollte Versöhnung sein. Das ist ein gutes Anliegen. Deshalb ist ein Zentrum gegen Vertreibung auch das richtige Zeichen. Um Versöhnung aber geht es längst nicht mehr. Im Mittelpunkt steht inzwischen die Eitelkeit der BdV-Präsidentin Steinbach und ihrer Verbandsfunktionäre. Vielleicht wäre es tatsächlich besser, die Gründung des Zentrums zu verschieben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: