Streit um Stammzellenforschung:Meisner attackiert Schavan, Volker Beck gibt Kardinal Recht

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Kardinal Meisner hat die Stammzellen-Politik von Forschungsministerin Schavan gegeißelt als Schritt zur Auflösung "unseres Wertefundaments". Der Kölner Oberhirte bekam inzwischen Hilfe - von seinem Lieblingsopponenten Volker Beck.

Für seine jüngste Attacke wählte der Gottesmann die Zeitung: Im Kölner Stadtanzeiger wetterte der Bischof der Domstadt heftig gegen die Bundesforschungsministerin Annette Schavan. Die CDU-Politikerin stellt sich nach Worten Kardinals Joachim Meisners mit ihrem Vorstoß für eine Lockerung des Stammzellgesetzes gegen die katholische Kirche.

"Es ist tragisch, wie eine Ministerin unter dem Druck von Interessenvertretern christliche Prinzipien aufgibt und sich sogar an die Spitze einer Bewegung stellen lässt, die Schritt für Schritt die Auflösung unseres Wertefundaments betreibt", sagte er dem Blatt. Das Erzbistum bestätigte die Angaben am Freitag.

Meisner hielt der Politikerin vor, beim jüngsten CDU-Parteitag das Wort "katholisch" für eine "von durchsichtigen Forschungsinteressen motivierte Kampagne" missbraucht zu haben. Er sprach von "Unwahrhaftigkeit".

Der Parteitag hatte am vergangenen Montag mit äußerst knapper Mehrheit einem Antrag zugestimmt, der den Unions-Bundestagsabgeordneten eine Zustimmung zur Lockerung des Stammzellengesetzes in engen Grenzen zubilligt. Dafür hatte Schavan energisch geworben. Bislang ist in Deutschland nur eine Forschung an Stammzellen möglich, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden.

Meisner kritisierte, Schavan habe sich damit für die Möglichkeit der vermehrten Nutzung von embryonalen Stammzellen eingesetzt. Damit habe sie sich "eindeutig gegen die Position der katholischen Kirche gestellt".

Beck: Stichtagsregelung wird zur "ethischen Wanderdüne"

Diese stehe für den uneingeschränkten Schutz des menschlichen Lebens von der Verschmelzung von Samen- und Eizelle bis zum Tod. Das Verhalten der Ministerin sei besonders unverständlich, da sich der Wissenschaft gerade ethisch unproblematische Perspektiven in der Stammzellforschung eröffneten.

Unterstützung erhielt Meisner von Volker Beck. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, der sich mit Meisner wegen dessen Haltung zu Homosexualität in der jüngsten Vergangenheit heftig gestritten hat, sagte im Gespräch mit sueddeutsche.de, er sei schon immer dieser Meinung gewesen, was die Stammzellenforschung betrifft. "Wenn Herr Meisner diese Psotion teilt, kann ich nicht anders, als zu sagen: da hat er Recht!", so Beck.

In einer Presseerklärung hatte der Grünen-Politiker zuvor erklärt: "Das ethische Shopping der CDU beim Stichtag des Stammzellengesetzes zeugt von Prinzipienlosigkeit. Dieses ethische Shopping des Gesetzgebers lehne ich ab."

Wer die Stichtagsregelung zur "ethischen Wanderdüne" mache, stelle den Schutz des menschlichen Lebens zur Disposition. Embryonale Stammzellen würden durch das Töten von Embryonen gewonnen. Dieses Töten werde durch eine Änderung des Stichtags erneut legitimiert, bemängelte Beck.

Zu seinen Querelen mit Meisner wegen seines "Hassprediger"-Ausspruchs, sagte Beck zu : "Von der anderen Seite habe ich nichts gehört. Auf das Angebot von uns, sich ausgerichtlich zu einigen, war man nicht eingegangen."

(sueddeutsche.de/dpa/odg)

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