Streit um Schäffler-Entscheid:"Rösler hat relativ schwache Nerven"

In der FDP rumort es gewaltig, weil das Spitzenduo Rösler und Lindner den Mitgliederentscheid des Euroskeptikers Schäffler vorzeitig für gescheitert erklärt hat. Sein Mitstreiter, FDP-Veteran Hirsch, orakelt, dass nun noch mehr FDP-Mitglieder abstimmen. In Bayern werden Forderungen nach Lindners Rücktritt laut.

Nachdem die FDP-Spitze um Parteichef Philipp Rösler die parteiinterne Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm ESM am Sonntag vorzeitig für gescheitert erklärt hat, wird die Kritik in der Partei immer lauter. Frank Schäffler, der Initiator des Entscheids, kritisierte im RBB Radio Eins, dass die am Wochenende bekanntgewordenen Beteiligungszahlen an dem Mitgliederentscheid nur der Parteiführung bekannt seien.

Diskussion zu FDP-Mitgliederentscheid - Rösler Schäffler

Der FDP-Bundesvorsitzende Philipp Rösler (vorn) und der Bundestagsabgeordnete und Initiator des Mitgliederentscheids Frank Schäffler

(Foto: dpa)

Es könne nicht sein, dass die eine Seite über mehr Informationen als die andere verfüge "und damit noch vor Beendigung der Abstimmung das Ergebnis beeinflusst", sagte der Euro-Skeptiker der Saarbrücker Zeitung. Unabhängig vom Ausgang der Befragung werde in der FDP darüber zu reden sein, "wie hier künftig Waffengleichheit hergestellt werden kann".

Den Vorwurf von FDP-Vize Daniel Bahr, hinter sich "libertäre und nationalistische Kräfte" zu sammeln, die der Europa-Partei FDP nachhaltig schadeten, wiegelte Schäffler ab. "Libertär und nationalistisch - ist das nicht ein Widerspruch in sich?", fragte Schäffler im Interview mit Zeit Online und fügte hinzu: "Das ist bösartig."

Derweil kritisierten auch mehrere Schäffler nicht zugeneigte Liberale das Vorgehen von Rösler, der den Mitgliederentscheid schon mehrere Tage vor dem offiziellen Auslaufen der Frist an diesem Dienstag für entschieden erklärt hatte. "Wir hätten uns überhaupt nichts vergeben, wenn er noch drei Tage damit gewartet hätte", sagte der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki, der von Unmut an der Basis berichtete.

Der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, hätte sich eher einen Aufruf zur Teilnahme an der Wahl gewünscht. "Ich bin schon aus Gründen der Fairness dafür, die Frist des Mitgliederentscheids abzuwarten", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Jan Mücke der Leipziger Volkszeitung.

Schäffler sei der "David Cameron der FDP", sagt Lindner

FDP-Veteran Burkhard Hirsch sagte im Tagesspiegel, Röslers Vorgehen spreche für "relativ schwache Nerven". Rösler erweise sich damit womöglich einen "Bärendienst", weil sein Vorpreschen dazu führen könnte, dass bis Dienstag noch viele FDP-Mitglieder ihre Stimme abgeben.

In Bayern wurde gar der Rücktritt von Generalsekretär Christian Lindner gefordert. "Christian Lindner ist dafür verantwortlich, dass der Mitgliederentscheid zur Euro-Rettung am Quorum zu scheitern droht", sagte der stellvertretende Vorsitzende der niederbayerischen Liberalen, Christoph Zeitler, in Landshut.

Lindner hatte wie Rösler bereits vor Ende der Abstimmung gesagt, dass er die Initiative der Euro-Skeptiker für gescheitert hält. Zudem hatte er Schäffler im Hamburger Abendblatt vorgeworfen, die Partei europapolitisch isolieren zu wollen und ihn in Anspielung auf den umstrittenen britischen Premier als "David Cameron der FDP" bezeichnet.

Lindner bestreitet Verfahrensmängel

Lindner versuchte derweil, die Wogen zu glätten. Die Abstimmung sei streng nach der Verfahrensordnung gelaufen, sagte er in Berlin. In der Sitzung des Parteivorstands habe niemand daran gezweifelt, dass das Verfahren ordnungsgemäß verlaufen sei. "Auch Frank Schäffler übrigens selber nicht", fügte Lindner hinzu - wenn er sich da nicht irrt.

Schäffler sagte inzwischen den Ruhr Nachrichten, den Verlauf des Mitgliederentscheids prüfen zu lassen, da einige Mitglieder keine Unterlagen erhalten hätten.

Bei dem Mitgliederentscheid geht es um die Frage, welche Instrumente zur Euro-Rettung eingesetzt werden sollten. Damit die Abstimmung den Rang eines Parteitagsbeschlusses bekommt, muss eine Mindeststimmenzahl von einem Drittel der Mitglieder erreicht werden. Eine Woche vor dem Ende waren erst etwa 14.800 Abstimmungszettel beim FDP-Parteivorstand eingegangen. Das Quorum für den Entscheid liegt bei 21.499 Stimmen. Am Freitag soll das Ergebnis offiziell verkündet werden.

Lindner bestätigte indes Berichte, nach denen Fraktionschef Rainer Brüderle auf dem traditionellen Dreikönigstreffen im Januar nicht als Redner auftreten werde. In den letzten fünf Jahren hätten auf dem Treffen immer der Parteivorsitzende und der Generalsekretär gesprochen. "Genau deshalb wollen wir das auch wieder so halten."

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