Streit um Mehrwertsteuer:CSU knickt wieder ein

Mehrwertsteuersenkung ja, aber doch erst nach der Wahl: Die CSU tritt im Streit mit der Union auf die Bremse und schwächt ihre Forderung ab. Schuld gibt sie der SPD - doch für die ist sie längst zum "unverantwortlichen Trotzkopf" geworden.

Die CSU rückt angesichts des anhaltenden Widerstands von CDU und SPD von ihrer Forderung nach einer schnellen Senkung des Mehrwertsteuersatzes für bestimmte Branchen ab. Die Frage soll jetzt erst nach der Bundestagswahl angegangen werden. "Wir würden in der großen Koalition zu keinem vernünftigen Ergebnis in dieser Frage kommen", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der Financial Times Deutschland (FTD). "Es geht jetzt darum, zu formulieren, was wir mit einer bürgerlichen Regierung umsetzen würden."

Streit um Mehrwertsteuer: Derzeit oft unterschiedlicher Meinung: CSU-Chef Seehofer und CDU-Chefin Merkel.

Derzeit oft unterschiedlicher Meinung: CSU-Chef Seehofer und CDU-Chefin Merkel.

(Foto: Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) haben eine Ausweitung des niedrigeren Mehrwertsteuersatzes auf bestimmte Branchen wie die Gastronomie strikt abgelehnt. Sie halten dies wegen der damit verbundenen Steuerausfälle für nicht verantwortbar. Die EU-Finanzminister hatten sich darauf verständigt, dass Mitgliedsstaaten in einigen Dienstleistungsbranchen die verminderte Mehrwertsteuer erlaubt wird.

Rasche Reform "mit dieser SPD" nicht zu machen

CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte sich am Montagmorgen: "Natürlich halten wir fest an der Notwendigkeit, dass wir die Struktur der Mehrwertsteuer in Deutschland überprüfen". Man sehe aber aufgrund der Blockadehaltung der SPD mittlerweile keine realistische Chance mehr, dies vor der Wahl durchzusetzen. Eine rasche Reform sei "mit dieser SPD" nicht zu machen.

Zuletzt hatte Seehofer am Vorabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" verlangt, Änderungen an der Mehrwertsteuer vorzunehmen. "Da gibt es sehr viele Ungerechtigkeiten, gerade für den Mittelstand", sagte er zur Begründung. "Wir wollen nichts anderes als eine ernsthafte Überprüfung dieser Struktur der deutschen Mehrwertsteuer."

CSU-Generalsekretär Dobrindt erklärte in der FTD: "Wir müssen bereits jetzt Grundzüge einer neuen Mehrwertsteuersystematik in das Wahlprogramm der Union aufnehmen." Hauptziel sei es, Wettbewerbsverzerrungen in Grenzregionen zu beseitigen. "Das betrifft vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe. Da müssen wir auf eine Angleichung an das Niveau unserer Nachbarländer hinarbeiten", sagte Dobrindt. Zudem müsse das arbeitsintensive Gewerbe entlastet werden. Die "bestehenden Unklarheiten und Absurditäten des Mehrwertsteuerrechts" seien zu bereinigen.

SPD: CSU verhält sich "pubertär"

SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel warf unterdessen der Kanzlerin Führungsschwäche und der CSU wegen ihrer Querschüsse Verantwortungslosigkeit vor. Das ständige Abweichen der CSU von Koalitionsbeschlüssen zeige, "dass sich diese Partei in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren wie ein Trotzkopf gebärdet". Dies sei ein "pubertäres" Verhalten und "völlig unverantwortlich".

Die Kanzlerin erweise sich in der gegenwärtigen Krise als konturlos, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die Bürger stellten fest, "da ist nichts, kein Konzept und keine Führung". Am Wochenende hatten führende CDU-Politiker ein Ende der Auseinandersetzungen in der Union über den richtigen politischen Kurs gefordert. Es müsse "Schluss sein mit dem Gemäkel" an Merkel, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers. Ähnlich äußerten sich die CDU-Vorsitzenden von Hessen und Niedersachsen, Roland Koch und David McAllister. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla machte die Schwesterpartei CSU für die schlechten Umfragewerte der Union mitverantwortlich.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer betonte seinerseits am Sonntagabend im ZDF, es gebe eine "gute Zusammenarbeit" mit der Kanzlerin und der CDU. Das schließe nicht aus, dass man bei wichtigen politischen Themen auch Debatten führe. "Das gab es in den letzten Jahrzehnten immer wieder. Und das finden weder die Kanzlerin noch ich tragisch", sagte der bayerische Ministerpräsident: "Wir marschieren Schulter an Schulter auf die beiden wichtigen Wahltermine zu."

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