Streit um Lebensleistungsrente:Gabriel bietet große Renten-Koalition an

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Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel signalisiert in Sachen Lebensleistungsrente Gesprächsbereitschaft. (Foto: dpa)

Wider die "Blockierer von CSU und FDP": Weil der Streit in der Koalition um die Aufstockung von Mini-Renten aus Steuermitteln wieder voll entbrannt ist, signalisiert nun SPD-Parteichef Gabriel Gesprächsbereitschaft.

Angesicht des neuen Koalitionsstreits über eine Lebensleistungsrente hat SPD-Chef Sigmar Gabriel Schwarz-Gelb Gespräche über einen Renten-Konsens angeboten. "Die Bundesregierung blamiert sich beim Thema Rente bis auf die Knochen. Das wäre nicht schlimm, wenn das Ganze nicht zu Lasten zukünftiger Rentner ginge", sagte Gabriel der Bild-Zeitung. Die SPD sei zu einem nationalen Rentenkonsens "ohne die Blockierer von CSU und FDP" bereit, sagte er.

Das CDU-geführte Bundesarbeitsministerium hat das Angebot allerdings bereits zurückgeweisen: "Wir haben in der Koalition die klare Vereinbarung, dass wir in der Koalition eine Lösung finden", sagte ein Ministeriumssprecher. Grundlage dafür sei der Beschluss des Koalitionsausschusses von Anfang November. "Da sind natürlich noch ein paar Detailfragen zu klären." Am Donnerstag kommender Woche soll dies beim nächsten Treffen der Fachpolitiker von Union und FDP versucht werden.

Die Kanzlerin werde die Ministerin bei ihren Gesprächen unterstützen und notfalls auch persönlich helfen, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Dann werde die Bundesregierung ihre Vorstellungen vortragen und einbringen. "Dann wird man auch sehr schnell sehen, ob das von der SPD gemachte Angebot ernst gemeint ist oder nur rein taktischer Natur war."

Die von der Koalition geplante Lebensleistungsrente, bei der Mini-Renten geringfügig mit Steuermitteln aufgestockt werden sollen, steht auf der Kippe. Grund dafür ist, dass die CSU von der vor gut zwei Monaten im Koalitionsausschuss getroffenen Vereinbarung abgerückt ist, weil sie gegen die Vermischung von gesetzlicher Rente und Bedarfsprüfung ist.

Von der Leyen will vermeiden, dass Menschen trotz 40-jähriger Erwerbsbiografie wegen zu geringer Einkommen im Alter zum Sozialamt gehen und Grundsicherung beantragen müssen. Der Koalitionsausschuss hatte beschlossen, den Zuschlag aus dem Steuertopf zu zahlen. So sollten Mini-Renten um einen geringen Betrag oberhalb der Grundsicherung - etwa zehn bis 15 Euro - aufgestockt werden. Die Grundsicherung beläuft sich in Deutschland je nach Region zwischen 636 (Sachsen-Anhalt) und 781 Euro (Hamburg).

Aufwertung von Kindererziehung hat Priorität

CSU-Landesgruppenvize Max Straubinger sagte der Passauer Neuen Presse, seine Partei trage keine neue Leistung mit, die Versicherungs- und Fürsorgeleistungssysteme miteinander vermische. Für die Lebensleistungsrente gebe es keine Mehrheit.

Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) verteidigte den Schritt ihrer Partei: "Altersarmut ist vorwiegend weiblich, Hauptursache ist die Kindererziehung. Deswegen hat für mich die Aufwertung von Kindererziehungszeiten schon immer Priorität", sagte sie der Bild. Es könne nicht sein, dass die Rente der kinderlosen, halbtags arbeitenden Arztgattin mit der Lebensleistungsrente genauso aufgewertet werde wie die der alleinerziehenden Mutter.

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, sagte allerdings im Deutschlandfunk, ihre Partei stelle die Lebensleistungsrente nicht grundsätzlich in Frage. Auch die CSU wolle, dass die Lebensleistung von Menschen im Alter anerkannt werde. Lediglich über "Ungerechtigkeiten und Probleme" durch "die Vermischung des Systems der Grundsicherung mit dem der Rentenversicherung" müsse noch gesprochen werden. Hasselfeldt verwies auf den Vorschlag der CSU, Betroffenen einen Zuschlag bei der Grundsicherung zu gewähren.

Die FDP teilt die jüngste Kritik der CSU. "In der Sache kann ich die Kritik der CSU am Konzept von der Leyens gut nachvollziehen", sagte der führende FDP-Sozialpolitiker Heinrich Kolb der Rheinischen Post. Auch die FDP wolle keine neue Rentenform zur Bekämpfung der Altersarmut einführen, sondern mehr Freibeträge in der sozialen Grundsicherung im Alter schaffen. Kolb ermahnte die Union zugleich, in der Koalition nun rasch einen gemeinsamen Konsens über das Rentenpaket zu finden.

Der Renten-Experte Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg nannte das Projekt in der Bild-Zeitung "komplett meschugge". Es breche mit den Grundsätzen von Rentenversicherung und Sozialstaat. Daher sei das Vorgehen der CSU vernünftig.

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