Streit um Gleichstellung der Homo-Ehe:Grüne setzen auf Westerwelles Wort

"Die Politik sollte parteiübergreifend jetzt handeln", hatte Außenminister Westerwelle das Karlsruher Urteil zum Adoptionsrecht für Homosexuelle kommentiert. Die Grünen nehmen ihn nun beim Wort - und bringen damit die schwarz-gelbe Koalition in Erklärungsnot.

Von Robert Roßmann, Berlin

Ein Facebook-Eintrag von Bundesaußenminister Guido Westerwelle bringt die Koalition in Erklärungsnöte. Der FDP-Politiker hatte auf seiner Seite die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Sukzessiv-Adoption kommentiert. Er schrieb: "Ich freue mich nicht nur politisch, sondern auch ganz persönlich über dieses Urteil. Die Diskriminierung von Lebenspartnerschaften ist schon lange überholt. Die Politik sollte parteiübergreifend jetzt handeln."

Den letzten Satz des Ministers haben die Grünen zum Leidwesen der Koalition nun aufgegriffen. Sie wollen Union und FDP dazu bringen, Abstimmungen über die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften freizugeben. Im Bundestag gibt es dafür eigentlich eine breite Mehrheit. Neben der Opposition wollen auch die FDP und zahlreiche Unionsabgeordnete die Gleichstellung. Weil die Mehrheit der Unionsfraktion diese aber ablehnt, geht die Sache nicht voran.

Die Grünen haben deshalb Westerwelles Forderung nach einem "parteiübergreifenden" Handeln mit Freude vernommen. Der parlamentarische Geschäftsführer ihrer Fraktion, Volker Beck, hat jetzt mit Verweis auf den Facebook-Eintrag seine Kollegen aus den anderen Fraktionen zu einem Gespräch gebeten.

Volker Becks Vorstoß ist taktisch motiviert

In seiner Einladung schreibt Beck: "In unserem Parlament gibt es eine Mehrheit für die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe." Dennoch komme "der Gesetzgeber beispielsweise beim Einkommensteuerrecht oder beim Adoptionsrecht nicht voran". In dieser Situation wäre "es wohl das Vernünftigste, die Abstimmung im Bundestag über die Gleichstellung freizugeben und einen gemeinsamen Gruppen-Gesetzentwurf zu erarbeiten".

Der Vorstoß Becks ist allerdings auch stark taktisch motiviert. Schließlich haben sich Union und FDP im Koalitionsvertrag darauf verständigt, nur gemeinsam abzustimmen. Solange die Mehrheit der Unionsfraktion gegen eine weitere Gleichstellung ist, kann die FDP also nicht dafür votieren. Diese Usancen des Parlamentsbetriebs sind in der Öffentlichkeit jedoch schwer zu vermitteln. Becks Initiative bringt die Koalition deshalb in die Defensive.

Die FDP muss erklären, warum sie entgegen ihrer Überzeugung schon wieder eine Chance zur Gleichstellung verstreichen lässt. Aber auch für Unionsfraktionschef Volker Kauder wird es immer schwerer, die Reihen geschlossen zu halten. In seiner Fraktion steigt die Zahl der Abgeordneten, die angesichts der Karlsruher Entscheidungen einen Kurswechsel fordern. Die Koalition ließ Beck am Donnerstag aber erst einmal auflaufen: Sie will seine Einladung ignorieren. Becks FDP-Kollege Jörg van Essen teilte mit, er würde sich statt um "Schauanträge" lieber um eine "Lösung der anstehenden Fragen bemühen".

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